Sonntag, 14. Februar 2010

Clown-Album

Es vergingen sieben stumme Jahre zwischen Democracy und diesem unbetitelten Album, das unter Fans „das Clown-Album“ heißt. Erschien 2003, in der Anfangsphase des Irak-Kriegs. Kaum bis gar keine Spiritualität und Schwurbelei, sondern die Wiederkunft des Polit-Rock quasi aus dem Nichts. Faustdicke Überraschung, andererseits aber auch irgendwie wieder nicht. Was soll man von einem Schreihals wie Coleman sonst erwarten? Mächtige politische Gegner erfordern heftige Gegenmaßnahmen.
„The Death and Resurrection Show“ ist eine Begräbniszeremonie für Lady Liberty und vielleicht eines der besten Stücke über die USA der Bush-jr.-Ära überhaupt, „Total Invasion“ pinkelt der Irak-Camarilla kräftig ans Bein, aber auch andere Themen werden beackert. Gläserner Bürger oder Gen-Industrie. Apokalyptische Bildwelten gibt es ebenso, Forderungen nach Katharsis und Reinigung eines Schlamassels, den die Fundamentalisten und ihre ökonomischen und militärischen Erfüllungsgehilfen angerichtet haben. Coleman schlüpft mit einigem Lustgewinn wieder in die Luzifer-Rolle und schlägt z.B. auf „Asteroid“ den fundamentalistischen, mystische Texte wörtlich lesenden Feind mit den eigenen Waffen. Nahezu kongenial. Unglaublich, dass so ein Typ zeitweise „composer in residence“ der EU gewesen sein soll. Diplomatisch absolut nicht vorzeigbar. Das Clown-Album langt kräftig hin und führte auch dazu, dass nach der langen Pause eine ganz neu herangewachsene Generation die Band entdeckte und nicht wenig baff war angesichts eines Albums, bei dem man die Zähne zusammenbeißen muss, um es zu überstehen. Richtig heavy, dazu astrein produziert, monströs, leidenschaftlich, voller Verachtung. Am Schlagzeug sitzt Dave Grohl, und er schafft es, ebenso wummernd wie filigran zu klingen.