Selbstverständlich mein erstes KJ-Album damals. Von 1985. Mit etwas Verspätung gekauft, etwa 87. Und mit leichten Berührungsängsten wegen des damals noch auf allen Kanälen präsenten Single-Hits „Love Like Blood“ und einiger verächtlicher Stimmen seitens der Puristen, die einer der heftigsten Post-Punk-Bands der wilden Ära um 1980 Verrat am hehren Ideal des Undergrounds vorwarfen und halbwegs panisch „Yuppie-Disco!“ schrien.
Ich entsinne mich aber auch noch an eine Plattenkritik zum Vorgängeralbum Fire Dances, die diese – sinngemäß – bekloppten Feuertänzer, disharmonischen Schrammelbrüder und Trommelfetischisten in die isländische Einöde verbannt wissen wollte. Derselbe Kritiker hat ein Jahr später Night Time vermutlich hysterisch gefeiert. Es ist Zeugnis einer Evolution. Der rohe, tribalistische, postmodernistische Proto-Industrial wird geschmeidig eingeölt und flutscht bekömmlicher durchs Ohr. Mehr Studiotechnik, mehr Hall, mehr Keyboards, mehr Spielerei, mehr Wave, mehr Groove, edleres Outfit, gezähmte Frisuren, vermutlich sogar neues Rasierwasser. Was anachronistisch oder zumindest langweilig zu werden drohte, wurde auf die Höhe der Zeit gehoben. Tanzmusik, die einem ihre dunkel schillernden Botschaften hundsgemein ins Unterbewusste pflanzt. Der hämmernde Song „Eighties“ wird heute noch gerne von TV-Dokus herangezogen, um irgendetwas inzwischen historisch Gewordenes musikalisch zu untermalen. Hat vermutlich damit zu tun, dass Musikuntermaler beim Fernsehen in ihre Datenbanken das Stichwort „Achtziger/Eighties“ eingeben und das System ihnen diesen Song ausspuckt. Viel signifikanter für Coleman-Luzifers geheimnisvolle Weltsicht ist jedoch der unterschätzte Track „Darkness Before Dawn“, seit jeher mein Lieblingsstück dieser Platte, die weit über ihre Epoche hinausreicht und nichts, rein gar nichtsvon ihrer ästhetischen Relevanz eingebüßt hat.