Dienstag, 9. November 2010

BsF

Bauer sucht Frau ist tatsächlich ein tolles, anregendes Format. Jemand wie ich fühlt sich da gleich daheim. Traktoren, Eggen, Kühe, Mist, seltsame Typen mit rudimentären Deutschkenntnissen. Es drängt sich bei der neuen Staffel jedoch zunehmend der Eindruck auf, dass mindestens die Hälfte der Love-Konstellationen von Schauspielern interpretiert werden, die Texte aufsagen. Vermutlich hatten die echten Bauern diesmal nicht so viel Lust, sich zum Affen zu machen.
Das Format bedient Vorurteile („Vorurteile sind gelebte Erfahrungen, nur eben von anderen“, J. Hader) und leitet aus ihnen wichtige menschliche Regungen wie Mitleid ab. Mitleid mit den armen, jungfräulichen Dummbratzen, die es eher mit Tieren als mit Frauen haben. Im Gegensatz zu so etwas Schäbigem, Geek-Pornographischen wie Schwiegertochter gesucht hat BsF behauptete Romantik, Pragmatik und Liebenswürdigkeit zu bieten, gruppiert sich um einleuchtende, manchmal auch überraschende emotionale Zentren herum und erschafft wunderbare Tableaus des Stoischen, Hirnrissigen, peinlich Sprachlosen, die dann zu unpassend pathetischen Popmusikschnipseln tragikomisch aufgebrochen werden. Und dann diese irren Momente total selbstverständlich daherkommender Toleranz und Neugier. Die Bauern sind einfach nicht welterfahren und klug genug, um - im Gegensatz übrigens zum Zuschauer - Vorurteile zu haben und nach ihnen zu leben. Der Umgang des bratzigen Bayern mit seiner thailändischen Hofgefährtin in der letzten Staffel wurde nicht umsonst zum modernen TV-Klassiker. Rüüührrrend! Diesmal deutet sich eine Wiederholung dessen an, aber es droht bereits zur Formel zu erstarren und ist nicht halb so authentisch.
Besonders toll auch die dahergefaselten Texte der Cowgirl-Moderatorin, einem Ex-Schlagersternchen, dem seine Autoren ständig Adjektiv-Substantiv-Kombinationen an die Hand geben („rüstiger Hühnerwirt“, „liebenswürdiger Ackerbauer“), besonders gerne auch Alliterationen in geschriebener und gesprochener Form („charmanter Schäfer“, „mollige Melkerin“, „romantischer Rübenbauer“). In diesem Haushalt machen wir daraus einen Wettbewerb, indem wir nach noch einleuchtenderen Alliterationen suchen: „aggressiver Agrarökonom“, „hysterischer Hühnerschlachter“, „zorniger Ziegenwirt“, „triebhafter Treckerfahrer“, „tollwütiger Torfstecher“.

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