Dienstag, 24. Januar 2012

Hype

Hype von 1981 ist Robert Calverts drittes Solo-Album und die eine Hälfte eines Doppelpacks. Zeitgleich erschien ein Roman mit demselben Titel. Beides war wenig erfolgreich, wobei sich die Auskopplung „Lord of the Hornets“ jedoch zum kleinen Szene-Hit mauserte. Für den Roman blättert man heute (laut Amazon.co.uk) mindestens 75 Pfund auf den Tisch, einige wollen über 180 Pfund dafür haben. Das Musikalbum war auch lange Jahre verschollen, ehe es wiederentdeckt wurde.
Beschrieben wird die „Schöpfung“ eines Rockstars namens Tom Mahler, der von den Plattenfirmen gemacht wird. Es wehen Echos von Marc Bolan, dem glitzernden Chef der Band T-Rex, durch diese Geschichte, aber Calvert sah zugleich das Phänomen des gestanzten Plastik-Popstars voraus, der hier, im Gegensatz zu Calverts früheren Androiden-Diskursen, ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Und diesen Menschen gelüstet es nach Ruhm und Geld, weswegen er sich komplett prostituiert und seinen dubiosen Managern anvertraut. Am Ende inszenieren sie einen Drogenskandal und seinen Märtyrer-Tod, was erst recht die Kassen klingeln lässt. 
Tom Mahler ist im Grunde nichts anderes als eine frühe Version von Robbie Williams, und Calvert studiert auf Promo-Fotos zum Projekt selbstironisch eben jene Posen ein, mit denen jemand wie Williams uns jahrelang den Gockel gab: Wein, Weib, Goldkettchen. Das Album präsentiert angebliche Songs eben jenes Tom Mahler, jedoch fehlt der Platte der kabarettistische Charakter von Calverts 70er-Alben Captain Lockheed and The Starfighters und Lucky Leif and The Longships. Es ist eine Ansammlung von Songs, die auch völlig ohne die Metageschichte funktionieren. An Marc Bolans Glam-Rock erinnert hier auch kaum etwas, tatsächlich ist es ein robustes, teils düsteres, aber natürlich auch schwer ironisches Wave-Rock-Album des Jahres 1981, auf dem die Proto-Punkband Bethnal und Musiker aus Michael Moorcocks Projekt Deep Fix als Calverts treue Hintergrundcombo fungieren und Hawkwind-Geiger und -Elektroniker Simon House maßgeblichen Anteil an den Arrangements hat. Auch Moorcock ist als Session-Musiker mit von der Partie. Das Ergebnis fällt sehr viel schmissiger und punkiger aus als Calverts quälend monotone Musiklabor-Bemühungen der Mittachtziger.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen