Ja, es stimmt, was die Leute sagen. Ich habe mich noch mal vergewissert. Es ist die beste Platte aller Zeiten. Habe sie lange nicht mehr am Stück gehört, wie mir auffiel. Nun habe ich gleich die neueste neuremasterte Neuauflage besorgt, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Es ist ein Dokument der Tollheit. Was allein die Rhythmusgruppe Kilmister/King hier anrichtet, geht auf keine Kuhhaut. Von der Abteilung Zirp & Kreisch ganz zu schweigen. Wie zu Anfang das Elektronikgeschwirre von „Earth Calling“ in „Born To Go“ umbricht, wie besagtes Stück das Programm der ganzen Veranstaltung zusammenfasst, das da lautet: Bedingungslos nach vorne um sich selbst kreisend. Wie Bass und Gitarre sich in „Down Through the Night“ umschmeicheln, wie die Dichterlesung „Ten Seconds of Forever“ im schärfstmöglichen Dynamikkontrast in den Brummkreisel „Brainstorm“ überführt wird, wie unterschiedliche Gesangsstimmen unterschiedliches episches Flair reinbringen. Das alles ist Legende.
Bemerkenswert, dass dieses Sound-Inferno es ebenso versteht, ästhetische Bedürfnisse zu befriedigen, über der Motorik und Kinetik sogar an den Intellekt zu appellieren. Für die Poesie sind Robert Calvert und Michael Moorcock zuständig, vor allem Calverts Texte haben hohe und höchste Science-Fiction-Qualität und oszillieren zwischen Satire und traurigem Ernst. Ein Gedicht wie „Ten Seconds of Forever“ erdet den ganzen abgedrehten Space-Kram und verortet ihn in seiner Epoche. Hiroshima, Kalter Krieg, Fail Safe. Das Projekt Hawkwind wird zum zornigen Eskapismus, zum Leckt-uns-doch-am-Arsch-Manifest.
Inspiriert wurde die Show im Prinzip von Moorcocks Roman The Black Corridor, Calvert trägt einen zum Gedicht verknappten Auszug vor. Raumfahrer entfliehen einer zum Inferno gewordenen Erde, kapseln sich in ihrem Schiff ein und werden erst neurotisch, dann ganz bekloppt. Die Flucht zu den Sternen ist auch keine Lösung, denn da draußen warten die Selbstauflösung und schließlich das Nichts. Neben den Büchern Barry Malzbergs ist der Roman eine der bittersten Space-Opera-Gegenreden ihrer Zeit, querulantisch mitten hineingepflanzt in die Apollo-Euphorie. Und die Band bezieht daraus den größtmöglichen Spaßfaktor. Obwohl sich Space Ritual ja angeblich mit der Zukunft beschäftigt, ist es ein frühes, gutgelauntes „No Future“-Album, das den Moment, das Hier und Jetzt, zum einzig relevanten Punkt der Geschichte erklärt. Und auf der Bühne tanzt dazu eine nackte, bemalte Irin mit großen Brüsten. Sauber!
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