Beschwerdebrief einer Leserin. Übersetzer und Redakteur sind totale Nulpen. Die recherchieren nicht, wohingegen sie, die Leserin, natürlich Bescheid weiß. Ihr Tonfall trieft vor Süffisanz und suggeriert komplettestmögliches Komplettwissen.
Sie beschwert sich außerdem darüber, dass auf ihre diverse Beschwerdeschreiben bislang nie jemand geantwortet hat. Es ist tatsächlich nicht ihre erste Beschwerde. Beim letzten Mal wies sie im Zustand überschäumender Rechthaberei auf ein falsch übersetztes Wort hin, das lustigerweise jedoch sehr richtig übersetzt war. Diesmal empfiehlt sie uns Vollpfosten „Google“ für unsere eigenen Recherchen. Google, aha. Nie von gehört. Wo gibt’s das? Ach ... hier ist es ja ... war ja gar nicht so schwer. Schauen wir also mal unverbindlich da rein.
Die Beschwerdeführerin erhitzt sich diesmal darüber, dass der Held des Romans an einer Stelle einen 32er Colt benutzt, und den auch noch als Pistole. Gibt es nicht, sagt die Leserin. Es gibt nur einen 38er Colt, und der ist bekanntlich ein Revolver. Sieh an, sieh an. Gehen wir dem mal auf den Grund und klicken ein wenig herum. Allerdings existiert sehr wohl ein 38er Colt als Pistole, die kleinere Variante des populären 45er Colt 1911 Government nämlich. Ich habe ihn bei diesem komischen Google innerhalb von zehn Sekunden aufgespürt. Und, potzblitz, es existiert tatsächlich auch eine 32er Pistole der Firma Colt. Aufgefunden nach weiteren fünf Sekunden.
Die Beschwerdeführerin erregt sich weiterhin über eine angebliche Walther P 32, die im Text vorkommen soll. Es gibt, so unsere Leserin, gar keine Walther P 32, sondern nur eine Walther P 38. Damit hat sie zweifellos recht, unsere Leserin, allerdings ist im Roman nie die Rede von einer Walther P 32, sondern von einer „32er Walther“. Und die gibt es sehr wohl, sie ist sogar Popkultur. Es ist James Bonds PPK. Würde der Held nun jene P 38 benutzen, die die Leserin hier vermutet, wäre das allerdings, so die Leserin weiter, auch ziemlicher Unsinn, denn die Wehrmachtspistole P 38 ist ja nur noch ein Sammlerobjekt, und der Held würde für sie nirgendwo mehr Patronen finden. Tatsächlich - und das weiß ich sogar ohne dieses lustige Google - fand die P 38 jedoch in der nahezu baugleichen P 1 ihre Nachfolgerin, und die war jahrzehntelang Standardpistole der deutschen Bundeswehr. Sie wird teilweise heute noch benutzt. Die 9mm-Parabellum-Munition, mit der beide Waffen schießen, gibt es wie Sand am Meer.
Beide im Text vorkommende 32er Waffen sind kleine, handliche Pistolen und für den Romanhelden, einen Agenten mit leichtem Gepäck, wie geschaffen. Der 38er Colt-Revolver oder die P 38 sind schwere Ballermänner, und die kann der Mann bei seinen Aufträgen so gar nicht gebrauchen. Also benutzt er sie auch nicht, sondern genau diejenigen Waffen, die im Text stehen.
Beschwerde abgewiesen. Und danke für den Hinweis auf dieses drollige Google, Leserin. Könnte sich als hilfreich erweisen. Vor allem für Sie selbst.