Montag, 6. Dezember 2010

Blockwart

Ich entwickle gewisse Blockwart-Tendenzen. Das ist zweifellos beunruhigend, sollte einen aber nicht weiter verwundern. In fortschreitendem Alter verflüssigt sich bekanntlich das Gehirn, und es klammert sich daher verzweifelt an Ordnungs- und Strukturprinzipien, so lange das noch geht.
In meinem Fall sind es die Mülltonnen. Das Haus verfügt über derer drei, die üblichen eben: Hausmüll (grüne Großvolumen-Tonne mit vier Rädern dran), Verpackungsmüll (gelbe Tonne) und Papiermüll (blaue Tonne). Leerung: Hausmüll wöchentlich, der Rest zweiwöchentlich.
Die Hausbewohner gehen mit dem im Grunde ganz einfachen Regelwerk einer funktionierenden Müllentsorgung durchweg nachlässig um. Jemand verbringt zum Beispiel in großem Stil Umzugskartons in die blaue Tonne. Ohne sie zu zerkleinern. Ist die Tonne voll, und das ist sie schnell, stapelt er den Rest daneben. Weitere Hausbewohner rammen in die an und für sich bereits voll geglaubte Tonne palettenweise Versandverpackungen. Ohne sie zu zerkleinern oder zumindest zu plätten. Der Rest landet neben der Tonne. Beachtet wird dabei nicht, dass die Müllabfuhr Anweisung hat, nur den Inhalt der Tonne zu entsorgen, nicht jedoch daneben gestapelte Hinterlassenschaften. Diese sauen bei winterlicher Witterung zwei Wochen oder länger ein und werden zu Papp-Pampe, die sich nicht nur unschön über den Vorbereich des Hauses sozusagen schleichend ergießt, sondern, sofern sich jemand ihrer überhaupt erbarmt, nur noch im Hausmüll entsorgt werden kann. Was wiederum die grüne Großvolumen-Hausmülltonne enorm belastet, zumal weitere Hausbewohner wegen der notorisch vollen Papiermülltonne ihre Papierabfälle in die Hausmülltonne werfen. In diese werden jedoch wegen ihrer einladenden Größe bereits halbe Wohnungseinrichtungen und Elektrogeräte entsorgt, obwohl die ja eigentlich ein Fall für die Elektromüll- oder Sperrmüllabfuhr wären. Die Folge ist, dass der dafür vorgesehene Hausmüll kaum noch zu entsorgen ist. Heute Morgen entdeckte ich daher in der gelben Tonne (!) unzerkleinerte, ungünstig verkantete Pizzadienst-Kartons mit Speiseresten drin. Der Blockwart in mir zuckte kurz zusammen und verbrachte dann höchstpersönlich die Pizzaschachteln in die dafür vorgesehene Großvolumen-Hausmülltonne, deren Deckel allerdings bereits schon wieder offen steht, so dass einem die Wohnungseinrichtungen und Elektrogeräte und Pappmatsche entgegengrinsen. Neulich erst habe ich unmittelbar nach der Leerung herumschmoddernde Papiermatsche in die Hausmülltonne geschaufelt, obwohl das keinesfalls meine eigene Matsche war, sowie herausgekullerte Hausmüllsäcke mit Gewalt zurück in die dafür vorgesehene grüne Tonne verbracht.
Wenn das hier so weitergeht, mache ich endgültig einen Zettel ans schwarze Brett und drohe mit Sanktionen wie Sprengfallen neben der Papiermülltonne, straff gespannte Klaviersaiten an der Großvolumen-Hausmülltonne und Zyanidgaskanister an der gelben Tonne. Aber die ganzen Leichenteile, Innereien und das Blut werde ja doch nur wieder ich wegmachen müssen.

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