Ich wurde mithilfe einer LKW-Ladung original britischer Ausstattung überredet, dem „Queen’s Jubilee“ am Empfangsgerät beizuwohnen. Dreieinhalb Stunden! Ausgestattet war der Haushalt mit Walkers Salt & Vinegar-Chips (100% British potatoes), Kettle Chips (Sea Salt with crushed black peppercorns), zwei Sorten Walkers-Shortbread, diversen Cadbury-Riegeln, einer Cadbury-Tafel, englischer Lakritze (Candyland), einem Union Jack, einem schottischen Wappenbanner sowie einer cymrischen Flagge. Sowie einer Jubilee-Tasse und natürlich auch einem Bottich voller Tee, aber ich mag keinen Tee.
Während die Bötchen hübsch zivilgesellschaftlich und volksfestartig im Regen die Themse runterschipperten und sich Rolf Seelmann-Engerling, der adlige „Maritimexperte“ sowie die obligatorische Klatsch-Trulle einen mehr oder weniger distinguierten Wolf laberten (dreieinhalb Stunden!), vermisste ich irgendwie doch den Glanz alter Zeiten. Siebenhunderttausend Salutschüsse, schwere Kriegsmarine, phallische Truppenparaden, knochentrockene, schnurrbärtige Offiziere mit Gesichtern wie Granitmassive, hutzelige, bucklige Premierminister mit Melone. Es wurde behauptet, alle Windsor-Herren trügen dem Anlass gemäß Marineuniformen. Ich rief: „Nee, William trägt eine Luftwaffenuniform! Ich kenne die aus Luftschlacht um England!“ Stunden später erwähnte eine von den Koryphäen, dass William ja eigentlich eine Luftwaffenuniform trüge. „Siehste!“
Derweil machte ich mir Gedanken über das Amt des „Bargemasters“, das Rolf Seelmann-Ententanz uns kurz erklärt. Ist das eine Festanstellung, verbeamtet womöglich, oder eine Honorartätigkeit? Der Master steht da einfach dekorativ auf der Barke rum, vermutlich macht er das zweimal im Jahr, wenn die Queen offiziell irgendwohin übersetzt. Kriegt er dafür 3500,- Pfund Monatsgehalt, oder wird er nach Dauer der Überfahrt bezahlt? Vielleicht mit Gefahrenzulage, weil er ziemlich am Rand steht, und Erschwerniszulage, weil das Outfit reichlich massig wirkt? Oder leitet er eventuell sogar eine Behörde mit 1500 Mitarbeitern, die Königliche Barkenmeisterei, die zweimal im Jahr alle königlichen Barken auf Dichtigkeit überprüft? Man weiß es nicht.
Am Dienstag geht’s weiter mit dem Dankgottesdienst und dem – laut Rolf Seelmann-Endgewinn – absoluten Höhepunkt: Die Queen zeigt sich auf dem Balkon! Links am Rand, nahe am Geländer, steht dann vermutlich in vollem Ornat der Balconymaster, dessen Behörde, die Königliche Balkonmeisterei, zweimal im Jahr auf allen königlichen Balkonen das Unkraut aus den Ritzen knibbelt und sie hinsichtlich der Statik überprüft.