Donnerstag, 25. September 2008

Kathleen

Noch so eine Dame, mit der der späte Knabe/werdende Jungmann sozialisiert wurde. Kathleen Turner war eine wortwörtliche Erscheinung der 80er.
Aber Kathleen, das hat man instinktiv begriffen, war eine für die Erwachsenen. Viel zu verrucht. Nicht so ein nettes Mädchen mit jungfräulichem Outfit, burschikoser Aura, verschämt erotischem Augenaufschlag oder plump vorgestrecktem Vorbau. Kathleen war die Femme Fatale, die würde einen Jungmann mit Haut und Haaren auffressen. Oder ihm zumindest bei verbotenen Aktivitäten beiläufig das Rückgrat brechen, wie sie es mit Michael Douglas in Der Rosenkrieg beinahe tut. Es machte dennoch Spaß, bei den Erwachsenenspielen mal Zaungast zu sein und sich in Kathleen-Phantasien zu ergehen. Das Animalische hinter der bürgerlichen Fassade der Erwachsenen.
Sie hat natürlich auch hochkommerzielle, harmlose Filmchen gedreht, allen voran den Grüne Diamanten-Zweiteiler, und romantische Sachen wie Peggy Sue hat geheiratet, aber selbst in einem reinen Spaßfilm wie Der Mann mit den zwei Gehirnen lässt sie das kalt lächelnde Raubtier raus und macht einen verwirrten Nerd wie Steve Martin völlig fertig. Von Body Heat, China Blue, Die Ehre der Prizzis und auch Der Rosenkrieg mal ganz zu schweigen. Kathleen war gewiss nicht die schönste Frau der Welt, aber irritierend selbstbewusst und sexy – und freizügiger als alle ihre Kolleginnen, die in derselben Liga spielten.
Und selbst wenn Kathleen sympathisch wurde und sich in die Opferrolle begab, kam dabei irgendetwas Dampfendes heraus. Ein wenig beachteter Film von ihr ist Julia & Julia, eine italienische Produktion von 1987. Damals als irrelevant weggescheucht, erkennt man heute in dem Film ein innovatives Konzept, das inzwischen ganz selbstverständlich als „Mystery“ definiert wird. Kathleen lebt darin in zwei Zeitsträngen, in Beziehungskisten-Paralleluniversen, und huldigt Hitchcocks Vertigo ebenso wie den wehenden Gardinen aus der klassischen Geistergeschichte. Sie ist mal mit Gabriel Byrne verheiratet, mal springt sie mit dem animalischen Sting in die Kiste, wobei die eher schüchterne Kathleen selbst zum Tier wird. Unterschätzter, verrätselter Film, der nicht auf DVD vorliegt. Und die VHS ist schwer zu kriegen, stammt dann aus den späten 80ern und ist völlig abgenudelt.
Nun ja, Kathleens Attraktivität hat seither ein wenig gelitten, was zurückzuführen ist auf den frühen Ausbruch einer rheumatischen Erkrankung sowie die damit verbundene Medikation, Cortison usw. Bedenklich ist, dass sie Gerüchte über Alkoholismus nie dementierte und ihre Krankheit erst sehr spät eingestand. Das Argument: Wenn man säuft, kriegt man in Hollywood trotzdem Rollen, wenn man hingegen körperlich krank ist, wird man übergangen.

2 Kommentare:

  1. Alles wahr, alles richtig. Doch eine wichtige Information fehlt: "Das Animalische hinter der bürgerlichen Fassade der Erwachsenen" bricht nirgendwo brachialer hervor als in John Waters' konsequent bösartigem "Serial Mom". Da wird die gute Kathleen zum "pitbull with lipstick", zur Sarah Palin von Suburbia.

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  2. Ich war mehr so auf der 80er-Nostalgieschiene ...

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