In den ollen Römer- und Christenschinken haben wir es ja traditionell mit halbnackten, verschwitzten oder eingeölten Kerlen zu tun, mit Muskelspielen unter sexy Tuniken, phallischen Bauten und Waffen und versteckten Gesten/Symbolen. Und in Zeiten restriktiver Moral hat sich Hollywood, das halb schwul war, eben gern auf diese Weise ausgedrückt.
Dennoch, gestern, beim etwa einhundertzweiunddreißigsten Durchlauf von Ben Hur habe ich mich wieder mal gefragt, warum mir Stephen Boyd in der Messala-Rolle so offensichtlich schwul vorkommt. Bei Laurence Oliviers Crassus in Spartacus ist das sehr mutig und sehr beabsichtigt (und war deswegen jahrzehntelang nicht in kompletter Länge zu sehen), aber in Ben Hur laviert Boyd ebenso seltsam wie beeindruckend drum herum. War der Darsteller, immerhin ein Schönling ersten Ranges, vielleicht selber schwul und gab der Rolle in bester Hollywood-Tarn-Tradition ein bisschen von sich selbst mit, oder hatte er eine Regieanweisung zur Homoerotik bekommen? Schwingt hier jenseits der üblichen Sandalenfilm-Symbolik etwas nicht explizit Gemachtes zwischen den Bildern, oder ist das nur ein Eindruck?
Die Sache ist nicht ganz neu und gilt seit etwa 2004 als geklärt. Eine kleine Recherche zu dem 1977 verstorbenen Boyd bringt zutage, dass er mitnichten homosexuell war und Messala demzufolge nicht ein bisschen als sich selbst oder meinetwegen eine römische Parodie seiner selbst spielte. Er handelte auf Anweisung. Schriftsteller und Film-Berater Gore Vidal, selbst homosexuell, berichtete 2004 von der Idee, der Ben Hur/Messala-Beziehung eine (nach heutigen Maßstäben einleuchtende) schwule Grundlage zu verleihen, so dass Messalas skandalöse Rache weniger auf politischen Ambitionen fußte, sondern vielmehr auf der Kränkung einer amourösen Zurückweisung. Sowohl Stephen Boyd als auch Regisseur Wyler fanden das toll, Charlton Heston konnte sich mit der Idee nicht anfreunden, sprang noch 2005, nach Vidals Offenbarungen, im Dreieck und stritt alles ab. Tatsächlich ist es heute allgemein anerkannt, vor allem aber: Es ist im Film tatsächlich zu sehen. Da es im damaligen moralischen Klima nicht möglich gewesen wäre, so etwas konkret auszudrücken und explizit zu machen - erst recht nicht in einem Film mit christlicher Thematik - und auch Produzent Zimbalist dagegen war, ließ man den Plan zwar fallen, nichtsdestotrotz aber hielten Vidal und Wyler Boyd dazu an, die Rolle genau so zu spielen, ohne allerdings Heston einzuweihen und ihn darauf einzustimmen. Boyds Leistung in Ben Hur ist ohnehin schon gewaltig, aber wenn man das weiß, wird sie umso bestechender. Die Sterbeszene als Sexualakt, großartig.