Gerade stand ich mal wieder vor dem unübersichtlichen Knabbereien-Regal der spätkapitalistischen, globalisierten, saturierten Gesellschaft und versuchte mich zu orientieren. Dabei durchwehte mich ein sentimentales Gefühl des Bedauerns. Im Grunde bin ich markentreu bis zur Selbstverleugnung, außer man provoziert mich grundlos.
Ich weiß nicht mehr genau, wann Chio Chips die Rezeptur verändert hat. Muss schon Jahre her sein. Aber seitdem scheidet die Marke aus, obwohl sie in der Jugend das Grundnahrungsmittel Nummer eins darstellte. Der Konzern lebte mehrere Jahre lang allein von mir. Ich bezahlte deren Gehälter. Das wird sicherlich daran gelegen haben, dass der frühkapitalistische, unglobalisierte Tante-Emma-Laden im Dorf (selig) nur diese eine Marke führte und der Griff zur roten Tüte obligatorisch war. Besonders beliebt waren Chio Chips übrigens nach einem Besuch im Schwimmbad. Das gechlorte Wasser hat irgendwas mit den Geschmacksnerven angestellt, und die direkt darauffolgende Verabreichung von Chio Chips führte zu einer ungeheuren Geschmacksexplosion, nach der einem ganz entzückend die Birne brannte.
Seit geraumer Zeit haben die gewöhnlichen Chio Chips einen neuen Geschmack, „Red Paprika“ oder so was, der mit dem der Jugend definitiv nicht mehr konform geht. Irgendwas ist da anders, irgendein Mad Scientist hat drauflos gemixt, vermutlich mit dem Auftrag, es „jugendlicher“ zu machen.
Habe schon seit langem umgestellt auf die normalen Geschmackstypen von „funny-frisch“, nachdem allerdings auch hier einige Sorten (afrikanisch, asiatisch) verworfen wurden als pseudo-exotischer, spätkapitalistischer Globalisierungs-Mumpitz.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen