Traditionelles Adventskonzert auf dem Dorfe. Alle Musikvereine in der Kirche. Seit meiner Zeit damals haben sie sich gemausert, sind moderner und schmissiger geworden. Bin durchweg beeindruckt. Die Blasmusik hat sogar eine junge Luxemburger Musikstudentin als Dirigentin. Die Mandolinisten und -innen versuchen sich derweil an John Miles’ „Music“, und es gerät zu einem Triumph. Eine Seventies-Miniatur-Rock-Suite, arrangiert für ein Mandolinenorchester – nichts weniger als überraschend. Super Rhythmusgruppe unter Schlagzeuger Pinky, aber der war damals schon gut. Eigentlich ein Rock’n’ Roller. Der Kirchenchor gibt Roy Black: „Weihnachten bin ich zu Haus“. Man könnte heulen vor Rührung, aber man ist ja ein Kerl. Und: Dieses Jahr ist die Kirche sogar beheizt.
Mittendrin gibt es eine Störung. Nach dem Ende eines Stücks und in andächtiger Stimmung erklingt vom Eingang her eine ungünstig hohe Männerstimme, die frappant an die aus dem Loriot-Cartoon mit den Comedian Harmonists erinnert: „Halt, halt, halt!“ Alle zucken kollektiv zusammen und wenden sich um. Ich könnte mich wegschmeißen vor Lachen, denn es ist nahezu original Loriot. Als wollte der Meister sich aus dem Jenseits ins Geschehen einbringen. Dann die profane Auflösung: „Da draußen blockiert das Auto mit der Nummer TR-XY 123 die GESAMTE Straße! Da stauen sich schon zwanzig Fahrzeuge!“ Der Besitzer des Autos spurtet raus – jemand vom Kirchenchor –, Problem wird behoben, Verkehr fließt, Stimmung wieder andächtig.
Zu dieser Veranstaltung kommt echt jeder, denn a) jeder ist einem der Musikvereine, b) jeder, der nicht in einem der Musikvereine ist, kommt zuhören, c) jeder, der nicht in einem der Musikvereine ist und nicht zuhören kommt, findet sich danach zum Stubbi-Kippen im Gemeindehaus ein. Ich stelle allerdings fest, dass ich nur noch jeden Fünften kenne und mich erstmal akklimatisieren muss. Ein Stubbi hilft dabei. Werde trotzdem nicht sehr alt, muss noch arbeiten.
War alles für einen guten Zweck. Im Sommer verunglückte ein Bursche aus dem Dorf schwer mit dem Auto und weilt seitdem in derselben Reha-Klinik wie der „Wetten, dass …?“-Kandidat. Ihm und der Familie sollen die Spenden und der Erlös des Abends zufließen. Gut. Der Zusammenhalt ist beeindruckend, vor allem die Selbstverständlichkeit desselben. Advent in echt. Gibt’s tatsächlich noch.