Natürlich rennt mal wieder diese Frau durch die Ausstellung in der Bundeskunsthalle und befindet allenthalben, das sei ja hier für Kinder gar nicht geeignet. Sie möchte für ihren Nachwuchs nicht bloß Bilder und 3D-Objekte in Schaukästen, sondern auch Spielekonsolen und ähnliche Rappelkisten. Wobei ihr Nachwuchs allerdings erst kniehoch ist und sowieso eher ein Fall für Bauklötze als für Spielekonsolen.
Da ist es mal wieder, das generelle Missverständnis, dass eine Ausstellung über Animationskunst doch gleichbedeutend sein müsste mit einem Spielplatz, einem Streichelzoo oder einem Besuch bei Toys R Us. Tatsächlich kommt die Ausstellung gerade aus dem Museum of Modern Art in New York und lässt nicht den geringsten Zweifel daran, dass es sich um Kunst handelt. Tatsächlich wirken hier so ziemlich alle Künste zusammen.
Um das klar zu machen, werden anhand der diversen Pixar-Werke die Fertigungsprozesse separiert und durchgenommen und zugleich die Entwicklung der Computeranimation verdeutlicht. „25 Years of Animation“. Was es nicht gibt, sind Ausschnitte aus den Filmen selbst, denn, so das Argument, die kennt ohnehin jeder. Lediglich die frühen Kurzfilme ab 1984 werden auf Monitoren gezeigt, weil sie die technische Evolution veranschaulichen. Komplettheitsfanatikern und Traditionalisten sei gesagt, dass es wirklich nur um Pixar geht und inhaltliche wie formale Referenzen zu Vorreitern und Inspirationsquellen ausbleiben. Aber hätte man das auch noch berücksichtigen wollen, wäre der Rahmen gesprengt worden. Denn es wird sehr ausführlich und in zahllosen Exponaten auf die Schaffensprozesse eingegangen. Ich persönlich habe einen Narren gefressen am Color Scripting, der Phase nach den Storyboards, in der der Film in betont einfachen Farbsequenzen vorgefertigt wird. Durch die Simplizität und den Verzicht auf Details wird das Wesentliche einer Sequenz herausgestellt, wobei der Stil mittendrin geändert werden kann, um andere Aspekte zu betonen. Fügt man dies zu großen Wandpanelen zusammen, kommt ein überdimensionaler Comic heraus, der dem bekannten Film vage ähnelt und vor dem man ziemlich baff herumsteht.
Dazu Vorstudien en masse, Recherchearbeiten, die an sich schon Kunst darstellen (etwa Korallen, Rifflandschaften, Kiemenstudien, Raumschiffdesigns, Müllplanetengemälde etc. pp.) sowie 3D-Güsse oder -Prints von Figuren und Objekten aus den Filmen, in nüchternem Grau erstarrt zu Bewegungs- oder Charakterstudien.
Überall gibt es diese mordsmäßige, experimentelle Akribie zu bestaunen, die letztlich nur dazu dient, den Stil eines Films zu finden. Danach verschwinden diese unzähligen Objekte, die oft grandioser sind als das Endprodukt, in irgendeinem Lager. Es ist absolut angemessen, sie jetzt mal auszustellen.
Zwei tolle Spektakel hat die Ausstellung auch zu bieten: ein drolliges Toy Story-Zoetrope sowie ein „Artscape“, bei dem all die Vorarbeiten zu weitläufigen 3D-Panoramen zusammengeschaltet und dann animiert werden, inklusive Sounddesign.
Drei Stunden Aufenthalt, richtige Enthusiasten sollten da locker zwei Tage einplanen.
Es bleibt, die persönlichen Pixar-Top-Five herunterzuzählen:
5. Ratatouille
4. The Incredibles
3. Wall-E
2. Oben
1. Toy Story 3