Ja, ja, ich weiß, der progressive, kreative Mensch schaut heutzutage neumodische amerikanische Fernsehserien und kauft die DVD-Boxen palettenweise. Ich hingegen bevorzuge die ARD-Eifelkrimi-Serie mit dem Beliebigkeitstitel Mord mit Aussicht. Muss man sich nicht so anstrengen als Rezipient, außerdem sind 45-Minuten-Folgen besser, als Zeit mit einschlägigen, drittklassigen Kriminalromanen zu verschwenden.
Eine lebenslustige Kölner Kommissarin wird in die tiefste Eifel versetzt und muss sich mit systemimmanent grotesken Kriminalfällen (zuletzt: Rammlerdiebstahl), grenzdebilen Kollegen und der einheimischen Bevölkerung herumschlagen. Kurz: Die urban geprägte Dame muss erst mal entschleunigen, um dann in völlig unerwarteten Momenten zu beschleunigen und die Kriminellen zu verwirren. Die eigenen Kollegen allerdings meistens auch.
Okay, die Eifel ist in der Serie eher eine Behauptung und sieht strukturell so aus, wie Kölner Drehbuchautoren sie vom Wochenendtrip kennen oder sich in ihren Kreativen-Veedeln so vorstellen. Oder wie WDR-Redakteure sie im Rahmen der politischen Korrektheit zulassen wollen. Im Prinzip könnte das alles auch im Odenwald oder in der Lüneburger Heide spielen. Die Modifikationen wären minimal. Beliebte Eifeler Schrulligkeiten wie Zwergenwerfen, Fronleichnamsprozessionen, Kampfjetabsturzstellenbesuchen und Golf-GTI/Baumstamm-Interaktionen lassen die Macher auch lieber weg. Der Ortsname „Hengasch, Kreis Liebernich“ ist allerdings ein Geniestreich.
Veredelt wird das alles durch die Besetzung: die clowneske Theaterschauspielerin Caroline Peters als irre grinsende, augenrollende Kommissarin, Vollblut-Komödiant Bjarne Mädel als opportunistischer Beamtentrottel, die drall-resolute Petra Kleinert als kontrollfreakige, dauerkochende Landfrau und die reizende Meike Droste als treudoofe Möchtegern-Kriminologin.
Letztere strahlt wie ein Honigkuchen-Pferd, sobald ihr eine (recht zwangsläufige) Erkenntnis gekommen ist, und man freut sich automatisch mit ihr. Das unverschämt spießige Leben des Ehepaars Mädel/Kleinert erscheint wie ein von jeder Komplexität und jedem Selbstzweifel verschontes Idyll klassischer Rollenverteilung und ist das Nonplusultra an Effektivität und zugleich Karikatur. Die Frustration der zum Herumdösen verdammten Hyperaktiven drückt sich bei Peters in Mimik und noch mal Mimik aus, einem hochdiszplinierten, völlig uneitlen Chargieren, dem man einfach zuschauen muss.
Der örtliche Amtsarzt stellt bei jeder Leiche erst mal die Diagnose „Herzinfarkt“, der längst pensionierte Chef des Reviers will immer noch mit „Chef“ angeredet werden und agiert bei Radarfallen auch schon mal eigenmächtig, und bei Verfolgungsjagden quetscht sich garantiert aus einem Feldweg heraus ein Traktor zwischen Flüchtigen und Polizei. Das passiert in der Eifel nicht nur der Polizei, sondern besonders gerne auch Durchreisenden. Aber es ist nicht konstitutiv für die Eifel, es könnte auch im Odenwald vorfallen.
Entscheidend an Mord mit Aussicht ist vielmehr die gute Laune, die alle Beteiligten an der Herstellung hatten und die sich eine Dreiviertelstunde auf den Zuschauer überträgt. Es gibt hier Raum für Improvisation, und die Regie überlässt den aufeinander eingespielten Darstellern ungewöhnlich viel. Muss man liebhaben – und danach kann man dann von mir aus eine hippe US-DVD-Box aufgucken.