Was habe ich diese Platte damals, im Jahr ihres Erscheinens, geliebt! Ich stelle fest, ich tue das immer noch. The Broadsword and the Beast ist ein Meisterwerk, umso mehr im Kontext der flankierenden Alben und deren damaliger Rezeption.
Nachdem Ian Anderson für die Modernität von A (zu Unrecht) Prügel bezogen hatte, machte er den Kritikern 1982 eine lange Nase. Er kehrte zurück zum beliebten historisierenden Modus, behielt die Elektronik aber nicht nur bei, sondern baute sie sogar aus. Ihm zur Seite stand dabei der neue Keyboarder Peter-John Vettesse, der noch stärker an Synthies interessiert war als ehedem Eddie Jobson auf A.
The Broadsword and the Beast reaktiviert jedoch weniger den „Olde England“-Charme der Folkrock-Phase, sondern artikuliert sich „nordisch“, mit Edda-Poetologie und Wikinger-Ästhetik. Hier kommt ein selbstreflexives, ironisch-düsteres Fantasy-Album daher, dessen Hauptaugenmerk auf dem Phänomen des Eskapismus liegt: Weltflucht in die Mythophilie angesichts der Bedrohungslage der Epoche. Die Atmosphäre hat Ähnlichkeiten mit Stormwatch; es ist ein Blick in die Weite, und sei es auch nur die der eigenen Sehnsüchte. Das Album ist wiederum Storytelling, eine Art akustischer Gegenwartsroman aus den frühen Achtzigern. Diese Sound-Landschaften wollen durchwandert werden. Ich träumte damals von der Platte und der Zwischenwelt, die sie generiert. Und als ich morgens aufwachte, kam ich mir vor wie ein Abenteurer. Nein, ich benötigte keine Computerspiele und ähnlichen Pipifax, ich hatte The Broadsword and the Beast.
Eigentlich sind weder die beiden Fantasy-Titelstücke „Beastie“ und „Broadsword“ die emotionalen Zentren der Platte, sondern das wunderbare „Pussy Willow“, die Geschichte der graumausigen Sekretärin, die sich in romantische, präraffaelitische Ritterwelten beamt. Vollkommen zeitlos. Und der unverschämt melancholische Ausklang „Cheerio“ sorgt dafür, dass man die Platte sofort noch mal auflegt, um diese artifizielle Welt nachhaltiger zu studieren.
The Broadsword and the Beast rockt mächtig daher, setzt auf schwere Riffs, schwebende Synths, pochende Sequencer, straighte Drums und wird großartig ausbaldowert zwischen lieblichem Flöten- und Mandolinen-Folk, Martin Barres vielgestaltiger Gitarre, effektsicher herumzuckender Kalter-Krieg-Modernität und Fantasy-Kulissenschieberei. Und die Platte enthält das beste Songwriting der Achtziger-Tull nach A.