Montag, 24. März 2008

Kulturmenschen

Seinerzeit saß ich im Trierer Atrium in der Nachmittagsvorstellung von Brannaghs Frankenstein. Es wird also im Jahr 1994 gewesen sein. Ich döste vor mich hin und wartete darauf, dass der Vorhang aufschwang. So einen hatten die damals noch im Atrium. Heute haben sie nicht mal mehr ein Atrium.
Es war sonst niemand da, außer zwei Typen meines Alters, die zwei Reihen hinter mir saßen. Frisch gefönte BWL-Studenten, wie ich ihrem lauten Gespräch entnehmen konnte. Manager-Nachwuchs mit allerhand Wissen um die wichtigen Dinge des Lebens. Die Rede kam dann von Wirtschaftsthemen auf Filme, und der eine meinte, ihm hätte neulich Schindlers Liste überhaupt nicht gefallen. Der andere fragte, warum. Hm, nun war auch ich auf die Argumente gespannt und erwartete einen lehrreichen historisch-philosophischen Diskurs über „Verkitschung der Erinnerung“ oder „Sentimentalisierung des Bösen“. Zu hören bekam ich folgende Begründung: „Wenn ich schon eine teure Kinokarte bezahle, dann will ich gefälligst einen Farbfilm sehen und keinen in schwarzweiß. Ich halte das für arglistige Täuschung.“ Der andere meinte: „Ja, genau.“
Ich dachte zuerst an einen Scherz, aber nein, das war es mitnichten. Es war ihnen ernst. Die beiden sind heute wahrscheinlich Industriekapitäne und betreiben Kultur-Sponsoring. In Farbe.

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