Es gilt, einen Eklat zu verarbeiten. Dieses Album von 1997 habe ich mir damals gar nicht erst gekauft. Ich war irgendwie anders drauf. Hatte keine Lust auf die Hawks. Ich wusste sehr wohl von der Existenz des Platte und hatte sie, wenn ich mich recht entsinne, im Virgin Mega Store auf dem Pariser Champs Elysees (!) sogar mal in der Hand, aber ich kaufte sie nicht. Unglaubliches und nach heutigen Maßstäben skandalöses Verhalten. Dann wurde das Ding auch schon wieder gestrichen und fortan zu Unsummen gehandelt. Erst viel später schnappte ich sie mir aus dem Internet, weil nirgendwo anders dranzukommen war, wenn man sich nicht ruinieren wollte.
Nun wurde sie neu herausgegeben von Cherry Red Records. Sie gilt als das schlechteste Komplett-Studio-Album der Band. Distant Horizons wurde vom Bandmanager und Besitzer der Plattenfirma publiziert, während die Band sich auf einer USA-Tour befand und von diesem Schritt selbst überrascht wurde, denn das Album befand sich noch im Rohbau. Der Sound ist dumpf und schartig, beinahe grungig, und fällt gegenüber anderen Publikationen ab, das Songmaterial zerbröselt und gerät uneinheitlich. Danach war das Tischtuch zwischen der Band und dem langjährigen Manager endgültig zerschnitten. Letzterer sahnte inzwischen ohnehin mit Chumbawamba ab.
Dennoch ist Distant Horizons einen kleinen audiophilen Trip wert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei den Hawks der Sound mindestens so wichtig ist wie der Song, gibt es auch hier Rauschhaftes zu hören. Bassist Alan Davey war zum ersten Mal ausgestiegen (er kam später wieder, um dann noch mal auszusteigen), und den Bass übernahm Sänger Ron Tree, der weitaus weniger flink spielte als Davey, dafür aber noch schwerer und massiver. Zudem hatte Dave Brock sich der Mitarbeit eines weiteren Gitarristen versichert, Jerry Richards von der Festival-Band Tubilah Dogs. Tree und Richards nahmen maßgeblich Einfluss auf dieses Album, und ihr Drang zu Neo-Punk und Neo-Metal unter gleichzeitiger Nutzbarmachung des psychedelischen Gitarren-Solos verpasste der Band tatsächlich einen neuen, ruppigen Sound, bei dem die dumpfe Produktion stellenweise durchaus vorteilhaft wirkte. In den besten Momenten des Zusammenspiels und des Mixes blitzt hier eine Besetzung durch, die an die der frühen 80er hätte anknüpfen können. Es kommt auf Distant Horizons zu beachtlichen Eruptionen und Punk-Metal-Attacken, zu denen Richard Chadwick am Schlagzeug vertrackte, hippe Rhythmen beisteuert, während Brock das alles mit seinen Riffs unterstützt und zwischendurch immer mal wieder in gewohnt meditatives Schweben verfällt.
Als Ganzes ist dieses Album ohne jeden Zweifel gescheitert, aber Bastarde wie „Phetamine Street“, „Reptoid Vision“, das stoische „Wheels“ oder der gitarrenflirrende Richards-Output „Alchemy“ sind Gründe genug, sich die neu abgemischte Version dieses Baustellen-Albums nun zu besorgen.
Mehr auf den Punkt gebracht, mit mehr Konzentration, hätte aus dieser Crew etwas werden können. Aber sie blieb zu kurz beisammen, um mehr als das hier abliefern zu können.
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