Ha, es geht los! Murmelnd erheben sich die ersten Stimmen zum 25jährigen Abi-Jubiläum. Ein Vierteljahrhundert. Das ist ein Viertel eines Jahrhunderts. Alle sind jetzt dick, hässlich, laut und erfolglos sowohl im Spiel wie in der Liebe. Angepeilt ist ein herbstliches Treffen in Deutschlands ältester Stadt, die sich seitdem auch ein bisschen verändert hat. Ein bisschen, nicht viel. Am eklatantesten: Der Name der Schule wurde inzwischen zwangsgeändert, weil irgendwelche Aufrechten den ollen Feldmarschall und Reichspräsidenten nicht mehr zu dulden bereit waren. Wir Hindenburgianer sind also zum Aussterben verdonnert.
Es herrschte Kalter Krieg damals, die Frisuren waren schlimm, die Brillengestelle auch, und ich erlangte mit der Antwort „Dies ist eine Spore“ die zweitbeste mündliche Abiturnote des Jahrgangs. (Nur mündlich, nicht die Gesamtnote.) So richtig bemerkt hat das jedoch niemand. Auf der offiziellen Abi-Feier trug ich einen E-Gitarren-Anstecker und einen Hawkwind-Anstecker und war nicht rasiert. Herr Jöricke kam, vermutlich aus Pop-Gründen, in Bermuda-Shorts und Hawaii-Hemd. Der Schuldirektor echauffierte sich öffentlich über die „unverschämte“ und „infantile“ Abi-Zeitung. Danach gingen meine Eltern und ich in Brauns Fischrestaurant (selig) ordentlich spachteln. Mehr war nicht. Keine Glückwunschanzeige in der Zeitung, kein Auto, keine Weltreise. Dieser Scheiß wurde erst später erfunden, als man jungen Dingern so lange einredete, sie hätten gerade etwas unglaublich Tolles vollbracht, bis sie es selbst glaubten und peinliche Autoaufkleber auf ihre Abitur-Prämien-Autos pinnten.
Es folgte ein entzückend melancholischer, ein bisschen desorientierter Sommer, danach der Dienst bei den Starship Troopers („Reitersmann! Mobile Infanterie!“). Erst dann war der Staatsbürger fertig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen