Heute am frühen Morgen ging plötzlich das Licht an, und ich schaute einer dicken, aufgeschwemmten Frau ins überdimensionale Gesicht, über deren wulstige Lippen irgendein Gebrüll dröhnte. Ich begriff im halbgeweckten Verwirrzustand natürlich sofort, dass das keinesfalls die Gemahlin sein konnte, denn die ist 1) nicht dick und aufgeschwemmt und mit wulstigen Lippen, 2) brüllt nicht herum und liegt 3) auf der anderen Bettseite. Wer zum Teufel war diese unangenehme Person? War die Wohnungstür über Nacht unverschlossen geblieben? Gehörte sie irgendeiner Stadtguerilla-Performance an, die frühmorgens das Bürgertum aus dem Schlaf der Halbgerechten scheucht und mit Proklamationen gegen Atomkraft, das Patriarchat oder laktosehaltige Lebensmittel überschüttet? Ich verstand gar nicht, was die blöde Kuh da redete!
Nun ja, ich konzentrierte mich also auf ihren Sermon und wurde währenddessen wacher. Auf der Bettkante bemerkte ich zudem eine sehr wache, quengelige Katze. Unsere Katze. Und die Fernbedienung des Fernsehers, die über Nacht dort liegengeblieben war. Und den hellen, eingeschalteten Breitbildschirm nah am Bett, der auf Stand-by gestanden hatte. Die Katze hatte ihn beim Quengeln eingeschaltet, auf RTL, und dabei die Wiederholung einer nachmittäglichen Reality-Darbietung erwischt. Die fette Schnepfe mit der haarigen Warze am Kinn war gar keine Stadtguerilla, sondern brüllte nur gerade ihren untreuen Gatten an, er solle mit „seiner Yvonne“ doch bitte dahin gehen, wo der Pfeffer wächst. Sie habe jedenfalls die Schnauze gestrichen voll.
Ich stellte den Ton ab, gab der Katze im Licht des Breitbildfernsehers ihr Futter und machte dann alles wieder dunkel.
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