Gestern gab’s bei Einsatz in vier Wänden den dramatischen Fall eines 68jährigen Modellbauers, der sich sein eigenes Haus zugerümpelt hatte. Völlig unterschiedslos mit Schiffen, Flugzeugen, Autos, Zinnfiguren, Modelleisenbahnen und so ziemlich allem, was man basteln kann. Das ging so seit dem Tod seiner Frau. Ein Fall für die dicke Knutschkugel Tine Wittler, die wieder mal als psychosozialer Notdienst fungierte und dem Mann zu völlig unpassender Musikuntermalung eine unpassend junge Designer-Wohnung herrichtete, die in drei Monaten vermutlich wieder so aussieht wie die vorherige. „Die Höllen-Hütte des Bastel-Opas“ war diese seriöse Fallstudie betitelt. Hauptfigur war wie üblich natürlich die dicke, eitle Frau Wittler, nicht ihr armes Opfer.
Wir ziehen dennoch Lehren aus diesem Fall. Modellbauer sind anfällig, denn sie leben in einem mysteriösen, weltabgewandten Zwischenreich zwischen Perfektion (die Modelle) und völliger Verwahrlosung (der ganze Rest). Die geringste Störung des Ablaufs, also z.B. das Ableben der Gemahlin, führt erst zu Irritation in der brisanten Balance, dann zu hoffnungsloser Introvertiertheit und Kompensationsverhalten. Und jetzt ist erst recht niemand mehr da, der hinter dem Exzess-Bastler aufräumt und ihn regelmäßig aus Wohnzimmer, Küche, Bad, Schlafzimmer oder Wintergarten wegscheucht. Das Ergebnis ist „Die Höllen-Hütte des Bastel-Opas“.
Wir lernen: Sich auf irgendeine Art Bastelobjekt konzentrieren. Nicht alles aufheben. Ab und zu mal Kartons wegwerfen. Die Dusche nicht mit halbfertigen Modellen zustellen. Eingetrocknete Farbdöschen wegwerfen. Die Bastelunterlagen mal ausschütteln, am besten draußen. Die Blumen im Wintergarten mal gießen. Sich ab und an mal den Bart schneiden. Mit Klebstoff verschmierte Finger nicht ablecken. Sich mal beim Schützenfest oder dem Seniorennachmittag blicken lassen. In der Küche Fallen für Fruchtfliegen auslegen. Wieder lernen, in ganzen Sätzen zu sprechen.
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