Wie mir der Vermieter mitteilte, stammt unsere Heizungsanlage aus Kuba. Er bekam sie annodazumal durch Vermittlung des polnischen „Hausmeisters“ recht günstig. Nun ist Kuba sicher toll und eine Reise wert und so, aber die Kubaner sind keine ausgewiesene Heizungsbauernation, weil ihnen einfach die Heiztradition fehlt. Zudem ist die Anlage schon recht alt. Deswegen läuft sie zwar an, wenn sie eingeschaltet wird, ackert aber nur circa vier Stunden, ehe sie auf „Störung“ geht. „Die Relais, die Relais!“ Sie sind solch lange Arbeitsperioden, wie wir sie hier benötigen, nicht gewohnt, treten in den Ausstand und rufen „Gewerkschaft!“.
Monteure, die sich mit postrevolutionären kubanischen Heizungsanlagen aus den 1960ern auskennen, sind hierzulande schwer zu finden. Selbst in der Geschäftsstelle der Linken zwei Straßen weiter fand sich niemand. Die Praktikantin (rotgefärbte Haare, Stacheldraht im Gesicht) meinte, der Ludger könnte vielleicht helfen, aber der sei als Wahlbeobachter in Weißrussland gewesen und hätte noch ein Selbsterfahrungsseminar in Albanien drangehängt. Keiner wisse, wann er wiederkommt, und es würde niemanden verwundern, wenn er plötzlich in der Presse als albanischer Energieminister wiederauftaucht.
Nun ja, wir sind also momentan noch am Überlegen, wie es weitergeht. Jeden Tag kommen die ziemlich ratlosen Monteure und tauschen irgendwelche Relais aus. Aber die neuen deutschen Relais werden von den kubanischen Restrelais in einer (schein-)demokratischen Abstimmung mit angeblich 156% Wahlbeteiligung überstimmt, und nach vier Stunden Laufzeit ist wieder „Störung“. Unter anderen Umständen wäre das durchaus sympathisch (ich selbst arbeite auch selten mehr als vier Stunden am Tag), aber es wird doch langsam etwas schattig in den Wohnungen.
Der Vermieter verspricht für nächstes Jahr eine komplett neue Anlage. Er hat da ein Angebot aus Haiti an der Hand.