Neues Programm von Wilfried Schmickler. Premiere. Richard Rogler und Volker Pispers sind auch anwesend. Entweder aus Solidarität oder aus Argwohn.
Schmickler weiß es zwar auch nicht, das aber immerhin sehr eloquent, und gegen Ende bietet er Lebenshilfe an und schlägt eine ganze Reihe kleiner anarchischer Akte vor, die zwar nichts beantworten, aber immerhin auf die Fragen hinweisen („Das kann doch nicht sein!“). Er ist der dunkel grollende, in Salven sprechende Mittelsmann zwischen der Kölner Südstadt, Johnny Cash und der großen und kleinen Politik. Und es ist immer wieder eine Freude, dem weichen Kern des raubeinig wirkenden Bühnenaktivisten auf die Spur zu kommen. Diesmal ist es vor allem eine kleine Variation von „Wandr’rers Nachtlied“, gewidmet verstorbenen Freunden, welche die Stille preist, aber dauernd von einem grellen Klingelton-Rap durchschnitten wird. Da ist echte Trauer im Spiel, und Wut. Überhaupt ist an Schmickler alles echt. Er ist der vielleicht authentischste Kabarettist der Nation, der auch im Privaten sehr engagiert ist, ohne drüber zu reden. Mit zunehmendem Alter bestätigt sich auch an ihm eine althergebrachte Lebensweisheit: Er wird weiser. Nachdenklicher sicher auch, aber keinesfalls milder. Die FDP hat er gefressen, sowieso, das ist bekannt. Die Piraten auch („da kann ja nichts schiefgehen“), das Führungspersonal der Linken watscht er in metaphernreichen Wortkaskaden ab, dass man den Kopf einziehen möchte („Eigenheim-Sozialist“, „Rosa-Luxemburg-Kleindarstellerin“, „grinsender Kugelblitz“). Er ergeht sich aber auch über die Allgegenwart des TV-Talks, über verhasste Popmusik auf jedem Pissoir der Republik oder die ständige Eventkultur, die unter anderem in der Flutung von Lüdenscheid mündet. Dazwischen das groteske Verlesen von Nachrichten mittels Assoziationsketten, die mythische Schlacht zwischen Prognostikern und Antignostikern und die Vorstellung seines neuen Buchs „Deutschland – ein Abwasch“, das nur aus leeren Seiten besteht, auf die jeder seine eigene Agenda schreiben kann, um dann beim Lesen auszurufen: „Endlich sagt mal jemand, was gesagt werden muss!“ Und er ist – so wie ich auch übrigens – froh, dass Pussy Riot kein Deutsch-Pop ist, denn dann hieße es in den Nachrichten: „Mösenaufstand im Arbeitslager“.
Schmickler ist immer eine Reise wert. Nun gut, bei uns dauert sie nur zwei Fußminuten, aber viele Leute nehmen weitaus längere Wege zum „Parkplatzparadies Neustadt-Süd“ (Schmickler) in Kauf, um ihn zu erleben. Zwei weitere Termine diese Woche, aber – klar – ausverkauft.
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