Eines der erklärten Lieblingsalben. Ein rumpelndes Ding, robust und „tight as an asshole“, wie der Lateiner sagt. Mitschnitte der Belfaster Abschiedskonzerte von 1980. Ursprünglich eine einzelne LP, auf späteren CD-Reissues gibt es noch den krachigen Bonustrack „Sword of Light“. Zu meiner Zeit, Anfang/Mitte der Achtziger, war schwer ranzukommen, denn die Platte war bereits gestrichen. Außerhalb Irlands kannte die Band kaum noch jemand, und die Zeit, als sie mit „Dearg Doom“ in Deutschland einen Chart-Hit hatte, lag mehr als eine Dekade zurück.
Nun, gegen Ende hatten sich in der Band zwei Fraktionen gebildet, die Traditionalisten („mehr Folkrock!“) und die Progressiven („nee, mehr Wave-Rock!“). Der unüberbrückbare Graben führte 1980 zur einvernehmlichen Trennung nach zehn Jahren. Zuvor ging man noch auf eine obligatorische Irland/Nordirland-Tour und bot den Leuten ein „Best of“.
Um ihre älteren, melodischen Folkrocker spielen zu können, musste die Band den wave-rockigen Charakter ihrer vorherigen Studiobemühungen zurückfahren und Horslips-Standardmaß anlegen. Und die etwas glatten, gefälligen Mainstream-Produktionen der letzten Studioalben spielten live ohnehin keine Rolle. Damals mag es anachronistisch gewesen sein, aber mit mehr als dreißig Jahren Abstand interessiert das keinen mehr. Tatsächlich ist The Belfast Gigs vollkommen zeitlos.
Die Platte gerät bedingungslos elektrifiziert und huldigt dem ruppigen Hardrock, der dem Sound stets innewohnte, wie nie zuvor. Da werden die Verstärker schon mal bis 11 aufgedreht. Ein Geschrubbe, das ohne weiteres die Phonstärken von Verwandten wie Thin Lizzy erreicht, aber noch keltischer, noch wirbelnder rüberkommt. Und die Verbindung von mythisch-pathetischem Gezwirbel, diesem Quasi-Fantasy-Sound direkt aus dem Feenkreis, mit jaulendem Rock ist enthusiastisch. Wenn Johnny Fean das Traditional „King of the Fairies“ mit einer vollkommen mitleidlosen Schweinerock-Gitarre ausstattet, über der sich Charles O’Connor einen wegfiedelt, bis die Finger bluten, dann darf man als Konsument getrost seine gesamte Mittelalter-Gothic-Metal-Gekröse-MP3-Sammlung löschen und durch diesen einzigen Track ersetzen. Und von den Live-Versionen von „Sword of Light“, „Blindman“ und „Dearg Doom“ haben wir da noch gar nicht gesprochen, bei „The Power and the Glory“ fehlen mir ohnehin die Worte.
Das fällt so heavy und rustikal aus, dass ich mich an die neuen Horslips noch nicht herantraue: Auf Live at the O2 von 2010 traten wiedervereinigte, etwas füllig gewordene Herren in der Dubliner Hochglanz-Arena an, um die nostalgischen Gefühle ihrer irischen Landsleute zu bedienen. Wurde allgemein gut aufgenommen, aber ich hege Zweifel, ob sie noch das Feuer von The Belfast Gigs unterm Keltenarsch haben.