Zum ersten Mal seit gefühlten dreißig Jahren wieder Wetten, dass …? geschaut. Nur die erste Stunde. Und auch nur deswegen, weil der neue Moderator im Haus nebenan wohnt und ich ihn täglich sehe, wie er kommt, geht, auf dem offenen Hinterhof in seinen Jaguar steigt oder von einem Chauffeur abgeholt wird, wie er telefoniert, sympathisch mit seinem Sohn spaßt oder wie er mit der Gattin Jogging-Runden durch den Park dreht. Spannend!
Wetten, dass …? war früher mal wichtigtuerische öffentlich-rechtliche Unterhaltung, konzipiert von einem notorischen RTL-Mann, der seine Kreise über das grenzländische Radio-Einzugsgebiet hinaus und in die große deutschsprachige Frühachtziger-Spießigkeit hinein erweitern wollte. Eurovisions-Fanfare! Und der sich als gesellschaftlicher Auftragnehmer verstand. Man denke nur an Böhms damaligen Spendenaufruf. Mittlerweile ist die Sendung allerdings nur noch redundante Spektakel-Grütze. Ich habe da offensichtlich einiges an Entwicklung verpasst und entsprechende Berichterstattung ignoriert.
Ich sah mir auch die fünfzig Minuten währende „Countdown“-Sendung an, welche die geneigten Massen auf die Neuauflage der Show und vor allem den Moderator einstimmen sollte. Man will ja wissen, wer da so nebenan wohnt, wenn die Gardinen schon immer zugezogen sind.
Und das war erhellend: die quälenden Klatsch-Lobhudeleien eines Senders, der es angeblich gut mit einem meint. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Immerhin lernen wir, dass der Moderator damals in Südtirol lange in Armut lebte und Klassenbester war. Das ist eine wertvolle Information, die direkt verweist auf dieses topfitte Streber-Strahlemann-Mineralwasser-Image von heute, dieses „Ich habe mich zum Großereignis hochgearbeitet, fahre aber immer noch nach Südtirol zu Mama, und alle dort kennen mich als den netten Burschen von nebenan“. Alle Befragten in diesem Special werden nicht müde, zu betonen, welch eine eierlegende Wollmilchsau, welch fachliches und menschliches Mineralwasser-Multitalent, der neue Moderator doch sei. Und Millionen von Schwiegermüttern vor der Glotze verfluchen innerlich ihre Schwiegersöhne.
Die Sendung selbst ist dann nervöses, sprunghaftes Event-Gedöns, bei dem man dauernd auf Pannen lauert und verzweifelt versucht, Karl Lagerfelds Gedankengänge nachzuvollziehen. Bei dem freakigen Knaben, der die Bandansagen der Berliner S-Bahn auswendig gelernt hat, statt Blockflöte zu üben oder die Wilden Kerle zu lesen, schalten wir um. Genug gesehen.
Der Moderator kam spät in der Nacht nach Hause. Im eigenen Auto, nicht mit dem Chauffeur. Wird auf der After-Show-Party also nur Mineralwasser getrunken haben.