Als ich diese Platte von 1976 mit einiger Verspätung – wird wohl 1983 gewesen sein – kaufte, betrachtete der Zausel im Plattenladen mich mit Respekt. Das, so meinte er, sei eine von jenen alten Scheiben, die er ständig nachordern müsse. Allerdings nur wegen der ganzen Amerikaner in der Region. Einheimische würden die so gut wie nie kaufen. Also kam ich mir ein bisschen exklusiv vor.
Agents of Fortune markiert einen Umbruch im BÖC-Denken. Es wird poppig und radiokompatibel, zeigt aber des Öfteren noch harte Kante. Agents of Fortune ist das Album mit „(Don’t Fear) The Reaper“ drauf, einem der schönsten Lieder der Menschheitsgeschichte, in dem Westcoast-Flavor zum Backen einer Geisterballade verwendet wird. Wun-der-schön. Die damalige Single demonstriert die Janusköpfigkeit, die diesem Album noch zu eigen ist: A-Seite der dunkelromantische „Reaper“, B-Seite das schmerzhafte „Tattoo Vampire“. Im alten Mysterienspiel-Stil agieren „E.T.I.“, „This Ain’t the Summer of Love“ und das großartige „The Revenge of Vera Gemini“ mit seinem dunklen Liebesduett. Drumherum gruppieren sich frohgemute kleine Pop-Rock-Idyllen zwischen Schmackes und Schwulst und ein bisschen Funk, wobei die bezwingende Melodieführung von „Tenderloin“ am besten rüberkommt. Trotz der Mainstream-Tendenzen bleibt der Austernkult stets hinter- und abgründig. Spannende Platte.
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