Donnerstag, 27. März 2008

Höflich

Heute ist offenbar der Höflichkeitstag.
Erst am Fußgängerengpass an der Severinstorburg der Oma mit der rollenden Gehhilfe den Vortritt gelassen, danach den Postboten mit seinem Karren passieren lassen. In der Postschlange einem osteuropäischen Opa den Platz vor mir freigehalten, weil er draußen noch was vergessen hatte. Danach zweimal etwas vom Boden aufgehoben, was ihm runtergefallen war. Danach auf dem Fußweg Richtung Innenstadt in der Severinstraße ein Auto vorgelassen, obwohl ich das nicht hätte tun müssen. Schließlich noch einem zahnlosen Schlumpf Feuer gegeben und weiter oben nicht auf das alte Männlein getreten, das gerade aus einem Sex-Shop gekrochen kam. Im Kaufhof jemandem das Leben gerettet, dessen Schal sich in der Rolltreppe verfangen hatte, weil er sich nach einem runtergefallenen 20-Cent-Stück bückte. Im Saturn eine Geiselnahme verhindert, indem ich geistesgegenwärtig dem bewaffneten jugendlichen Täter die Loriot-Collection-Box auf den Kopf gehauen habe. Für die Lebensgefährtin einfach so und ohne Auftrag die DVD von Stolz und Vorurteil gekauft. Einfach, um ihr Lächeln zu sehen. Am Bratwurststand des Kaufhof jemanden, der sich verschluckt hatte, durch Rückenklopfen vor dem Ersticken bewahrt. Auf dem Rückweg einen Bauarbeiter aufgefangen, der gerade vom Gerüst fiel. Einer jungen Dame geholfen, zwei Reisekoffer in den Kofferraum ihres Wagens zu wuchten. Im Plus/Severinstraße eine Kassiererin reanimiert, die einen Stromschlag von der Kasse abgekriegt hatte. Am Gay-Kino einem Strichjungen mein letztes Kondom überlassen. Dem Typen, der ohne erkennbaren Grund dauernd „Arschloch! Arschloch! Dumme Sau!“ brüllte, eine aufs Maul gegeben. Am vor der Torburg zusammengebrochenen Mütterchen einen Luftröhrenschnitt durchgeführt, mit der scharfen Kante meines Armbanduhrverschlusses, dem Sohn mein Handy geliehen wegen Notarztanruf. Haltestelle Chlodwigplatz: mittels Handkantenschlag eine junge Frau vor einem zudringlichen Rabauken bewahrt, danach den Rabauken davor, von der Bahn überfahren zu werden.
In der Volksgartenstraße in einen Hundehaufen getreten.

1 Kommentar:

  1. gott, ist das großartig! und zugleich ein komisches gefühl, zu lesen, dass "meine straße" ein so gefährliches pflaster ist ;-)

    und erkenntnisgewinn: der postbote muss doch tatsächlich schon dagewesen sein. ich kann also aufhören, dauernd zum briefkasten zu rennen.danke.

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