Sonntag, 29. August 2010

Haptisches Hobby

Habe mal überlegt, mir für die langen Winterabende ein Hobby zuzulegen. So ein richtig klassisches haptisches Hobby. Mir kam der Modellbau in den Sinn. Nicht der Funktionsmodellbau, an dessen Ende Dinge irgendwie funktionieren müssen, sondern der Standmodellbau, bei dem man Dinge zusammenpappt, sie vielleicht auch noch anmalt und dann wohlgefällig bis selbstzufrieden betrachtet. Früher habe ich so etwas schon mal gemacht, wenn auch nicht stressmäßig. Ich hatte damals einen Stuka und mein Bruder diesen Heinkel-Nachtjäger mit den Hirschgeweih-Antennen vorne dran. Beide Modelle gibt es heute noch im Revell-Programm. Später habe ich noch Düsenjäger, Klingonen und Romulaner zusammengebaut. Ich weiß, dass ich diese Tätigkeit im Prinzip beherrsche und sie nicht in Wutanfällen enden wird. Außerdem sind die Sachen, die mir vorschweben, für Kinder ab 10 oder 14. 
Ich schätze, viele Jungs haben das gemacht. Könnte ja sein, dass der Kleine seine Ingenieursleidenschaft entdeckt und später viel Geld verdient. Stukas oder Panther-Panzer zusammenbauen oder Risszeichnungen von Perry-Rhodan-Raumschiffen erstellen. Nichts liegt mir heute ferner als die Gedankenwelt von Ingenieuren, aber ein bisschen Design-Geilheit habe ich offenbar behalten. 
Wenn man sich umschaut, stellt man fest, dass es unglaublich viel Zeug zum Zusammenbauen gibt. Es müsste ein Schwerpunkt her. Ich würde wieder für Flugzeuge plädieren, weil ich die grundsätzlich sexy finde. Man komme bitte nicht mit dem Wort Penis, ich weiß das alles selbst. Wenn man sich dann umschaut, stellt man fest, dass es unglaublich viele Flugzeuge zum Zusammenbauen gibt. Es müsste ein Schwerpunkt her. Zivil- oder Militärluftfahrt? Frühere Epochen oder Gegenwart? Erster, Zweiter Weltkrieg oder Nachkriegszeit und Kalter Krieg?
Wenn ich dieses Hobby tatsächlich ergreifen sollte, dann würde ich mich, glaube ich, in Kindheit und Jugend zurückorientieren, in die Zeit, in der alles besser war. Ich würde Kampfjets von etwa 1950-1975 bevorzugen. Bei Flugzeugen ist es wie mit Autos. Heute sehen sie alle gleich aus, aber damals hatten sie noch individuelle Formen und Charakter, waren knorrige Design-Gebilde. „Soar up the sky with your gleaming needles“, nicht ganz ausgereift, todesverachtend, laut, dramatisch. In The Right Stuff fliegt Sam Shepard mit seinem Starfighter so hoch, dass er den Weltraum sieht – und stürzt dann ab.
Ja, der Starfighter müsste unbedingt dazugehören, die Sabre, die Corsair, die Northrop, die Thunderbird, die Mirage, die Draken, die Phantom ist auch ganz hübsch, der Alpha Jet womöglich. Kein Tornado, keine F-14, F-15, F-16. Zu spät, zu sehr durch Top Gun versaut, zu offensichtlich Yuppie-Penisse. Und wenn MiGs, dann bitte nur die ganz alten Kisten.
Nachteile des Hobbys: Unsere recht offene Wohnung stinkt vermutlich ständig nach Klebstoff und Farbe, und nach Fertigstellung wüsste ich nicht recht, wohin mit den Modellen. Muss noch ausführlicher drüber nachgedacht werden …

Mittwoch, 25. August 2010

Annäherung

So, liebe Auftragslage, ich nähere mich dir mal ganz langsam und vorsichtig schlurfend, damit du dich nicht erschreckst, dabei umkippst und mich womöglich erschlägst. Ich betrachte dich vorerst mal aus respektvollem Abstand und erstelle im Geiste eine Art Prioritätsfahrplan, ehe ich den Schutzhelm und den Atemschutz aufsetze, den Meißel zur Hand nehme und entscheide, was ich ganz sachte und zärtlich aus deinem Festungsmauerwerk freilege und herausziehe.

Montag, 23. August 2010

Hart am Wind

Entspannung auf der Insel. Keine Telekommunikation, kein Internet und nicht die geringsten Anzeichen eines Manuskripts. Es wäre ohnehin weggeflogen.
Aufs Meer und in den Himmel starren. Schiffe und Wolken zählen. Möwen hypnotisieren. Jeden Tag mindestens einmal hart am Wind die Arme ausbreiten. Gegen ein bisschen waagerechten Regen ist nichts einzuwenden. Gehört dazu. Viel Sand und Muscheln mitgebracht, den Sand eher unfreiwillig.
In der anderen Richtung liegen die weiten Dünen- und Heidelandschaften, ein Streifen Wald und dahinter die flachen Polder von - ja, es heißt wirklich so - Eierland. Die Höfe dort tragen lustige Namen wie Astrid, Axel oder Sir Robert Peel.  Hund und Katze der Wirtsfamilie bekamen den Frühstücksschinken, wenn gerade keiner hinschaute. Der Reitersmann futterte sich abends durch die lokale Spare-Ribs-Population und vergab insgeheim Gastro-Punkte auf einem Bierdeckel, obwohl er ja Punktewertungen ansonsten verabscheut.

Mittwoch, 11. August 2010

Paralleluniversum

Die Evangelikalen leben in einem Paralleluniversum. Den Herrn preisen, nicht fluchen, nicht rauchen, Alkohol als Menschheitsfeind, nicht pimpern vor der Ehe, danach aber am besten zwölf Kinder in die Welt setzen. Und sie schreiben ihre Bücher selbst. Das müssen sie auch, denn außer der Bibel ist alles, was sonst so geschrieben wurde und wird, schließlich Teufelszeug und handelt von Fluchen, Rauchen, Alkohol, vorehelichem Pimpern oder Kinderlosigkeit. Da sie in ihren Büchern dazu neigen, religiös oder spirituell zu werden, werden diese Titel gerne der „Fantasy“, „Phantastik“ oder dem „Horror“ zugerechnet und ins große Kontinuum überführt. Weswegen immer mal wieder eins beim Gutachter aufschlägt.
Die erste Gemeinsamkeit des Oeuvres ist das wenig dezente Darreichen der fundamentalchristlichen Botschaft, die mühselig in eine Fiktion gekleidet wird. Die zweite Gemeinsamkeit hat zu tun mit der generellen Ahnungslosigkeit, was den Rest der Welt und dessen Literatur betrifft. Weswegen diese Bücher gemeinhin von einer plumpen, kitschigen Art sind und vom Gutachter mit schönster Regelmäßigkeit als „Nicht-Literatur“ bezeichnet werden. Und drittens findet man im Internet ausschließlich Lob und vorzügliche Rezensionen. Das liegt natürlich daran, dass kein Mensch außer Fundamentalchristen diese Bücher liest. Und da dieses Publikum keinerlei Ahnung von dem hat, was außerhalb seiner Realitätsblase so stattfindet, findet es natürlich alles mächtig gut, in dem der Herr gepriesen, nicht geflucht, nicht geraucht, nicht gesoffen und nicht vorehelich gepimpert wird. Besonders heiter wird es dann für den Rest der Welt, wenn in den Foren und Zirkeln des Paralleluniversums eine neue, heiße Autorin durchdiskutiert wird, sich die „Kolumnisten“ und „Rezensenten“ ihrer annehmen und sie ganz selbstverständlich zum neuen Superstar der Literatur aufbauen – obwohl der Rest der Welt von der Dame nie etwas hören wird und hören will. Dafür sorgt zumindest der Gutachter. Aber der flucht, raucht, säuft ja auch und hat vor der Ehe gepimpert.

Dienstag, 10. August 2010

Bio-Festplatte und echte Festplatte

Hier rein mit den Manuskripten, da wieder raus. Die Bio-Festplatte hat eine bestimmte Kapazität, und alles Gewesene fällt irgendwann hinten runter, tummelt sich auf der Partition U („Unbewusstes – Assoziatives“) und wird von zersetzenden Pilzen überwachsen.
Zurzeit wird überall Justin Cronins Roman Der Übergang (The Passage) herumgereicht. Als ich jetzt mal im Internet diesem Blockbuster nachspürte, war ich felsenfest davon überzeugt, noch nie etwas von ihm gehört zu haben. Aber schon nach dem ersten Satz Inhaltsangabe ruckelte die Partition U vernehmlich und schüttelte ein paar Pilze ab. Momeng, das kennen wir doch irgendwoher. Eine Suche auf der Computer-Festplatte erbrachte erst kein Ergebnis. Nachdem die Suchparameter neu definiert worden waren (merke: auf Manuskripten steht nicht immer derselbe Autorenname wie später auf dem Buch), hatten wir den Salat: Gutachten vom Juli 2007.
Na, da bin ich aber beruhigt, dass ich den Blockbuster ja doch kenne.

Sonntag, 8. August 2010

Hygiene

Hmm, irgendwie ist in diesem Haushalt das Männer-Duschgel alle. Ich musste eine neue Sorte der Gattin benutzen, und jetzt rieche ich statt nach Moschusochse nach Brombeerhecke.

Montag, 2. August 2010

Gurken

Neulich klickte ich mich mal durch das Angebot an Spätsiebziger/Frühachtziger-Trash-Filmen, und es kam die Frage auf, wann und warum die italienische Rip-off-Filmindustrie eigentlich einging. War es das Kinosterben, oder starben doch eher die Regisseure? Es wurde bestimmt schon einiges darüber geschrieben, aber ich hatte bislang noch keine Zeit, dem nachzugehen. Ein Thema für die nächste Kölsch-Sitzung mit dem cineastischen Nachbarn.
In früheren Jahrzehnten gebaren die Italiener aus ihrem Kopistenbedürfnis heraus neue Stile und Formen. Psychedelischen Sandalenschrott, Spaghetti-Western, den Giallo, gruseligen Gothic aus der Familie Bava, Sexfilme, Kriegsfilme. Aber in den späten 70ern und frühen 80ern setzten sie sich an die Hacken von allem, was irgendwie trendy aussah, und filmten es mit ihren Portokassen-Budgets, den ewig gleichen Darstellern und internationalen, finanziell klammen Ex-Stars nach. Letztere schauten für ein Zweite-Klasse-Freiflugticket nach Rom gerne mal vorbei und machten sich ein paar schöne Tage in der ewigen Stadt.
Und all dieser Kram wurde damals durch die Filmprojektoren unserer lokalen Kinos gejagt und stahl mir armem Wurm das mühsam erbettelte Taschengeld. Unselige Varianten von Horror, Zombies, Söldnerfilm, Space Opera, Aliens, Tierhorror, Post-Apokalypse, Fantasy, Rambo, Klapperschlange und und und. Nun ja, für den Euro-Gore war ich noch zu jung, auch für die meisten Post-Apokalypse-Gemetzel.
Mein Favorit ist nach wie vor Star Crash – Sterne im Duell, der auf unfassbare Weise schlechteste Film aller Zeiten, obwohl Leute behaupten, David Hasselhoff hätte hier seine beste Rolle gespielt. Und natürlich mit sexy Caroline, in die ich mächtig verknallt war. (Aber wer war das nicht?) Mit zunehmendem Alter jedoch wird einem die Zeit zu schade, all diesen Schrott vom Schlage Ator – Herr des Feuers, Metropolis 2000 oder Das Duell der Besten noch mal zu sichten. Trash, ja, aber bitte von der Sorte, die einen auch heute noch seriös zu unterhalten weiß. Und wenn nicht, dann wenigstens mit solchen Heroinen wie Caroline, die einem schüchtern ihre upgepushten Hauptargumente entgegenrecken.
Ich habe beim Trash-Durchklicken nun eine weitere alte Perle wiederentdeckt, die mir entfallen war. Von den billigen Weltraum-Gurken, die nach der Krieg der Sterne-Euphorie durch die Projektoren gequetscht wurden, war Star Crash sicher die allerschönste, allerdings erwies sich eine amerikanische Film-Flasche als die seriöseste: Sador – Herrscher im Weltraum. Eine Roger-Corman-Produktion und mit einem gewissen James Cameron als Kulissenschieber, äh, Ausstatter. Sador ist deshalb originell, weil er eines der größten und einflussreichsten Filmmotive aller Zeiten, Die sieben Samurai nämlich, endlich mal auf die Space Opera anwandte. Wir besaßen ihn damals als körnige Raubkopie, und ich habe ihn oft geguckt. Es wird also Zeit für eine kleine sentimentale Wiederbegegnung auf DVD. Der Film zeigt John-Boy Walton in der Rolle von Mark Hamill und verfügt mit Robert Vaughn sogar über einen der Darsteller aus Die glorreichen Sieben, der ersten Hollywood-Ausbeute von Kurosawas Klassiker. Wenn ich mich danach nicht allzu peinlich berührt fühle, sage ich irgendwas dazu im Filmblog nebenan.

Sonntag, 1. August 2010

Triumph

Weiteres Material aus den Zeiten der starken Kompaktanlagen und scheußlichen Frisuren. Triumph war ein hochkommerzieller kanadischer Dreier auf den Spuren der frühen Rush, maßgeschneidert für den nordamerikanischen Mainstream-Hardrock-Markt. Konzentrierter, straighter und weniger „bildungsbürgerlich“ aufideologisiert als das große Vorbild. Keine aufgeblasenen Fantasy-Epen, mehr AOR. Der hohe Gesang, die Gitarrensoli und der Keyboardkleister sorgen heutzutage durchaus schon mal für Erheiterung, aber einige Songs sind verdammte Ohrwürmer und können einen durch den ganzen gutgelaunten Tag begleiten. Ich kaufte bis 1984 alle Alben; als meine Favoriten erwiesen sich Never Surrender und Thunder Seven und als schönster Song wiederum "Time Goes By". Das im Songtitel angesprochene Thema betrifft uns schließlich alle, wenn auch sicher noch nicht mit 17. Ich hätte mir damals fast ein Triumph-T-Shirt gekauft. Der Nachfolger Surveillance war mir dann aber entschieden zu klebrig, und ich legte die Band zu den Akten.