Montag, 29. September 2008

Nüsse

Gestern war mein Vater da und hat einen Eimer voll Walnüsse mitgebracht, von den zahlreichen baumbewachsenen Anwesen rund um das Dorf, das meine Familie seit dem Jahr 953 n. Chr. beherrscht und skrupellos unterdrückt. („Eines Tages, mein Sohn, wird das hier alles dir gehören.“ – „Was? Die ollen Gardinen?“)
Es sind schmackhafte Nüsse, jahaa, aber zu viele für uns allein, also teilen wir sie mit den Eichhörnchen. Heute habe ich testweise eine Handvoll auf das Garagenflachdach gelegt und konnte dann zuschauen, wie eines der Viecher mit dem Pendelverkehr begann. Nuss aufnehmen, anknabbern zwecks Geschmacksprobe, dann abflitzen in Richtung Versteck 1. Sofortige Rückkehr, Nuss aufnehmen, anknabbern wegen Geschmacksprobe, dann abflitzen in Richtung Versteck 2. Sofortige Rückkehr, Nuss aufnehmen, anknabbern wegen Geschmacksprobe, dann abflitzen in Richtung Versteck 1. Sofortige Rückkehr, Nuss aufnehmen, anknabbern wegen Geschmacksprobe, dann abflitzen in Richtung Versteck 2 …
Statt die Nüsse geschwisterlich mit dem Rest der Population zu teilen, reißt das kleine Luder sie sich alle selbst unter den Nagel. Wahrscheinlich werden demnächst im Express Fotos vom „fettesten Eichhörnchen Kölns“ zu sehen sein, unter dessen Gewicht Äste brechen und Bäume sich neigen. Der Eimer ist immer noch bis oben hin voll.
Will jemand ein paar Walnüsse? Eventuell auch ein paar Äpfel frisch vom Baum?

Wahlabend

Was ich eigentlich recht angenehm und meditativ finde an Wahlabenden im Fernsehen, sind diese laufenden Textbänder mit den Hochrechnungen am unteren Bildrand. Wenn man intensiv genug draufschaut, schläft man um 18.05 Uhr ein und wacht erst wieder so gegen Mitternacht auf und hat das ganze grässliche Geschwätz verpennt.
Ich nehme an, Geschöpfe wie Pofalla, Haderthauer, Heil, vielleicht sogar Westerwelle drängten vor die Kameras, aber ich habe sie alle verpasst und stattdessen von Blümchenwiesen geträumt, von glücklichen Kühen und einem notgelandeten weiblichen Alienwesen, das sich über und über mit Akazienhonig beschmiert.

Freitag, 26. September 2008

500 Euro

Heute Nacht habe ich geträumt, ich hätte Nähe Altermarkt ein Pilgermedaillon gefunden, so ein Mariendingsbums an einer Kette. Hatte eine Dame aus dem Saarland verloren, denn an der Kette hing zusätzlich ein zerfledderter Zettel mit der Adresse, geschrieben in kleinkrakeliger Altfrauenschrift. Ich schickte es per Post dorthin und erhielt einen dicken Umschlag mit 500 Euro in kleinen Scheinen zurück. Ich schickte die 500 Euro retour und schrieb, ich hätte das doch gern getan.
Nach dem Aufstehen war ich verdammt stolz auf mich. Ich wollte immer schon zu den Guten gehören.

Donnerstag, 25. September 2008

Kathleen

Noch so eine Dame, mit der der späte Knabe/werdende Jungmann sozialisiert wurde. Kathleen Turner war eine wortwörtliche Erscheinung der 80er.
Aber Kathleen, das hat man instinktiv begriffen, war eine für die Erwachsenen. Viel zu verrucht. Nicht so ein nettes Mädchen mit jungfräulichem Outfit, burschikoser Aura, verschämt erotischem Augenaufschlag oder plump vorgestrecktem Vorbau. Kathleen war die Femme Fatale, die würde einen Jungmann mit Haut und Haaren auffressen. Oder ihm zumindest bei verbotenen Aktivitäten beiläufig das Rückgrat brechen, wie sie es mit Michael Douglas in Der Rosenkrieg beinahe tut. Es machte dennoch Spaß, bei den Erwachsenenspielen mal Zaungast zu sein und sich in Kathleen-Phantasien zu ergehen. Das Animalische hinter der bürgerlichen Fassade der Erwachsenen.
Sie hat natürlich auch hochkommerzielle, harmlose Filmchen gedreht, allen voran den Grüne Diamanten-Zweiteiler, und romantische Sachen wie Peggy Sue hat geheiratet, aber selbst in einem reinen Spaßfilm wie Der Mann mit den zwei Gehirnen lässt sie das kalt lächelnde Raubtier raus und macht einen verwirrten Nerd wie Steve Martin völlig fertig. Von Body Heat, China Blue, Die Ehre der Prizzis und auch Der Rosenkrieg mal ganz zu schweigen. Kathleen war gewiss nicht die schönste Frau der Welt, aber irritierend selbstbewusst und sexy – und freizügiger als alle ihre Kolleginnen, die in derselben Liga spielten.
Und selbst wenn Kathleen sympathisch wurde und sich in die Opferrolle begab, kam dabei irgendetwas Dampfendes heraus. Ein wenig beachteter Film von ihr ist Julia & Julia, eine italienische Produktion von 1987. Damals als irrelevant weggescheucht, erkennt man heute in dem Film ein innovatives Konzept, das inzwischen ganz selbstverständlich als „Mystery“ definiert wird. Kathleen lebt darin in zwei Zeitsträngen, in Beziehungskisten-Paralleluniversen, und huldigt Hitchcocks Vertigo ebenso wie den wehenden Gardinen aus der klassischen Geistergeschichte. Sie ist mal mit Gabriel Byrne verheiratet, mal springt sie mit dem animalischen Sting in die Kiste, wobei die eher schüchterne Kathleen selbst zum Tier wird. Unterschätzter, verrätselter Film, der nicht auf DVD vorliegt. Und die VHS ist schwer zu kriegen, stammt dann aus den späten 80ern und ist völlig abgenudelt.
Nun ja, Kathleens Attraktivität hat seither ein wenig gelitten, was zurückzuführen ist auf den frühen Ausbruch einer rheumatischen Erkrankung sowie die damit verbundene Medikation, Cortison usw. Bedenklich ist, dass sie Gerüchte über Alkoholismus nie dementierte und ihre Krankheit erst sehr spät eingestand. Das Argument: Wenn man säuft, kriegt man in Hollywood trotzdem Rollen, wenn man hingegen körperlich krank ist, wird man übergangen.

Dienstag, 23. September 2008

Ein halber Millimeter

Habe ich eigentlich schon mal die Geschichte erzählt, als Gefreiter E. auf unschuldige Zivilisten geballert hat? Heute Nacht habe ich wieder davon geträumt.
Nein, er hat nicht wirklich auf sie geballert, nur in meinem Traum, wohl aber hat er damals das G3 durchgeladen, auf sie angelegt und mächtig gebrüllt. Es war Gelöbnis in der Kaserne, jener feierliche Moment, wenn das Jungkanonenfutter seine Haut verbal dem Staat verkauft. Die Besucher des Gelöbnisses, zumeist Familienmitglieder der Betroffenen, waren angehalten worden, ihre Wagen auf dem zentralen Parkplatz abzustellen und sich nur in der Nähe des Gelöbnisplatzes aufzuhalten – und keinesfalls herumzulaufen oder gar übers Areal zu fahren.
Wir, Gefreiter E. und ich, liefen derweil voll durchgestylt und komplettbewaffnet Streife oben im technischen Bereich und schützten staatliches Eigentum. Und was geschah nach dem Ende des Gelöbnisses? Kommt da so ein vollbesetztes Auto angeheizt, direkt auf uns zu und entgegen aller wohlmeinenden Anweisungen des Sicherheitsoffiziers, und die Insassen glotzen sich wie die Fische all unsere militärischen Geheimnisse an: elegante Wellblechschuppen, herumstehende Militärlaster Baujahr 1953, die Kasernen-Tankstelle. Da hat das Jungkanonenfutter sich also eingebildet, seiner Familie mal eben eine automobile Führung durch die Kaserne anbieten zu können. O je, dieses Jungvolk und seine Zivilistenfamilien! Sie hatten keine Vorstellung vom Ernst der Lage.
Das konnte Gefreiter E., Winzersohn von der Mosel, nämlich nicht dulden, riss sich die Waffe von der Schulter, lud für alle sichtbar durch, entsicherte und legte an. Ich sah ganz genau, dass er den Sicherungshebel auf Dauerfeuer stehen und den Abzugsfinger allen Ernstes bis zum Druckpunkt gekrümmt hatte, und machte mir eine Sekunde lang Sorgen um ihn und um das irre Glitzern in seinen Augen und sein lautes, unartikuliertes Befehlsgebell. Einen halben Millimeter weiter mit dem Fingerchen, und es wäre übel ausgegangen für die Glotzfamilie. Und vermutlich auch für uns.
Ich hob die Hand wie ein Schutzpolizist und trat dem Auto mit den Glotzfischen in den Weg. Und mit dem Rücken in die Schusslinie des Gefreiten E., wobei ich nicht wusste, ob er das Gewehr gerade rücksichtsvoll wegschwenkte oder weiter voll drauf hielt. Das Auto stoppte abrupt, und so schnell, wie dieser Wagen dann im Rückwärtsgang abdampfte, das bekamen damals nicht mal die Stuntleute des Siebten Sinns hin. Gefreiter E. rüstete umgehend ab und gönnte sich eine Zigarette.
Ja, okay, mit so einer Geschichte lockt man heute keinen mehr hinter dem Ofen hervor, heute ist so was in Bosnien oder Afghanistan gang und gäbe, womöglich sogar auf jedem zweiten Schulhof der Republik, aber damals war das wirklich irre sexy. Dennoch versuchte ich im Folgenden, Streifengänge mit Gefreitem E. zu vermeiden.

Montag, 22. September 2008

Herbstgewölk

Neueste Meldung aus dem US-Wahlkampf

Der Hacker, der republikanische Webseiten mit Slogans wie
„Ich hatte außerehelichen Verkehr mit Sarah Palin!“
„Jagt sie über die Beringstraße!“
„Sarah Palin isst Haschkekse!“
„Haltet sie bloß fern vom roten Knopf!“
oder
„Das Licht hier in Alaska ist so verdammt trübe!“
überrannt hat, wurde gefasst. Es handelt sich um Sarah Palins werdenden Schwiegersohn.

Sonntag, 21. September 2008

Herbstkind zwo

Herbst ist auch der Sankt-Martins-Umzug. Damals noch mit echten Kerzen in den Laternen. Ich habe geheult, als mein blauer Mond damals verbrannt ist, im Straßengraben sein Leben aushauchte und seine Seele kräuselnd zu den Sternen schickte. Danach bekam ich einen neuen Mond mit elektrischer Glühbirne und Batterie im Laternengriff. Leuchtete aber nicht mehr ganz so schön.
Herbst ist auch die Zeit der braunen Finger, die man nur unter größten Mühen wieder sauber kriegt. Das kommt von dem Saft in den grünen Walnussschalen. Walnüsse schmecken nämlich nur dann richtig, wenn sie ganz frisch sind, wenn man die blassbraune Haut von der blendend weißen Nuss noch problemlos lösen kann. Solange Nüsse noch in diesem Zustand sind, befindet sich meistens noch die grüne Schale um die ganze Frucht. Bevor man die harte Nuss knacken kann, muss man sie erst aus dieser Schale fummeln, was dem Knaben braune Finger verschafft. Egal, er verbringt ganze Abende damit, Arbeitsleistung in das Schälen, Knacken und Essen von Walnüssen zu investieren. Draußen rüttelt derweil der Nordwind am Fensterrahmen, und die ersten Frostgeister, die auf ihm reiten, kratzen an der Scheibe, aber der Knabe hört nur das Quietschen des alten Nussknackers aus Omas Küche, das Knirschen und Brechen der Schalen und das eigene Schmatzen.
Herbst ist auch die Zeit der abendlichen Spaziergänge. Durch bewohntes Gebiet ist am reizvollsten. Es ist gerade mal 19 Uhr, und die Fenster sind erleuchtet und gewähren Blicke aufs Familienleben der anderen und auf ihre Abendessenteller. Da bleibt man auch schon mal stehen in der Kälte, schaut den Ahnungslosen zu bei ihren harmlosen Aktivitäten, beneidet die da drin ein bisschen wegen der Wärme und der Routine, kommt sich vielleicht sogar vor wie der Steppenwolf (sofern man den in dem Alter schon kennt), bevor man umdreht unter dem kalt blinzelnden Sternenzelt und zurückgeht in die eigene warme, erleuchtete Stube, sich aus der Jacke pellt und so ziemlich dasselbe zu Abend isst wie diese Leute.
Herbst ist auch, wenn man unbemerkt durch die Feenpforte tritt, weil man den Pilzkreis am Boden übersieht, und man unsichtbar wird und das Reh im Wald einfach nur stehenbleibt statt abzuhauen.
Herbst ist auch jagende Wolken, von vorne kommender Regen und flotter Marsch im Regencape, während sich auf den abgeernteten Feldern neben einem die Hasen ducken und die Raubvögel ungeachtet des himmlischen Dammbruchs einfach auf den Ästen sitzen und kühl die Vektoren der flitzenden Mäuse abschätzen.
Herbst ist nasser Arsch, wenn man auf der abschüssigen Wiese ausrutscht.
Herbst ist tote Tiere am Straßenrand. Die sind dann alle rollig, suchen sich einen zum Ficken und werden dabei plattgefahren. Die weithin unterschätzten Gefahren des Vermehrungsdrangs.
Herbst ist Rauch und schwarze Kartoffel und tränende Augen, Herbst ist dunstige Dämmerung und Rauchsäulen am Horizont und Erntedankgaben von den Bauern einsammeln und die Hälfte davon auf dem Weg zum Herrn Pfarrer selber fressen.

Freitag, 19. September 2008

Herbstkind

Es ist noch nicht ganz so weit, aber ich bin ein Herbstkind und nähere mich meiner jährlichen biorhythmischen Hochphase. Der Geburtstag ist in gut einem Monat, und ich spüre da bereits was. Es wird langsam mal wieder Zeit. Braunes Laub, gefilterte oder ganz verborgene Sonne, Nebelschwaden, Einrollen in die süße Melancholie des Vergehens.
Auf dem Stadtbalkon ist man bereits jetzt einem Kastanien-Bombardement ausgesetzt, die ersten bräunlichen Blätter rieseln auch und bedecken die Flachdächer der Garagen. Im Hinterhof raschelt es schon im gefallenen Laub, wenn die Eichhörnchen nach ihren Preziosen suchen. Der Oleander kommt wahrscheinlich bald in den Keller, vorsichtshalber. Im Dunkeln nur mit T-Shirt und Unterhose auf dem Balkon stehen (keine Sorge, hinten raus!) und qualmen, wird zunehmend zu kühl. Muss mir vor dem Rauchen Hose anziehen und Pullover überwerfen. Die Katze wird auch dicker und flauschiger.
Wenn man erstmalig testweise die Heizung hochdreht, weht dieser „Wärmegeruch“ durch die Bude, der einen irgendwie schon an Weihnachten erinnert. Weihnachten ist dann allerdings wieder außerhalb der biorhythmischen Hochphase, denn die beste Zeit ist Ende Oktober bis Ende November. Braunschrumpelige Walnusszeit, Nebelzeit, Friedhofszeit, Vielfarbenzeit, Übergangszeit. Der Herzschlag wird langsamer.
An schönen Tagen gibt es auf dem Land auch diesen charakteristischen Geruch nach Herbstfeuern, wenn Bauern Vegetationsreste auf den Feldern verbrennen und Laubhaufen schwelen. Die Rauchsäulen ziehen erst schnurgerade nach oben, ehe sie gegen eine unsichtbare Barriere zu stoßen scheinen, abknicken und den Geruch gemächlich durchs ganze Tal tragen. Da muss man schon auf der Fahrt von den Höhenzügen ins Tal die Lüftung im Auto voll aufdrehen. Nachts blinkt an solchen Tagen der überwältigende, kalte Sternenhimmel auf einen herab, während man den Rauchgeruch noch in der Nase hat. Neben einem schnüffelt der Igel lautstark und macht sich über den Napf der Katzenstreuner her.
Am Tag schlurft man mit den Wanderstiefeln durch knisternde Laubschichten und schaut nach oben, wie die Knochen der Bäume in den schiefergraublauen Himmel greifen, als wollten sie sich daran festhalten. Oder man marschiert anderntags durch den Nebel, gespannt, was als Nächstes daraus hervortritt, während schon das Knacken von Ästen, das Rascheln von Laub und Atemgeräusche zu hören sind. Ein argloses Reh oder Wildschwein, ein Wanderer mit Hund, ein Erlkönig, der einen fressen will? Spannende Sache. Und aus den alten Baumstämmen in unmittelbarer Umgebung schauen einen grinsende Gesichter an, verfolgen einen mit starrem Blick und erzählen sich wahrscheinlich gerade gegenseitig Witze aus der römischen Besatzungszeit.
An den Stacheldrahtzäunen, an denen die Feuchtigkeit sich niederschlägt, bleibt man stehen, geht ganz nah heran und betrachtet einen Moment lang die grauschillernde Welt in einem Wassertropfen. Tags darauf, wenn die Sonne wieder scheint, werden diese Welten nämlich verdunstet sein. Herrje, ist das alles vergänglich, und man weiß nicht recht, ob dieser Schauder gerade von der Kälte kommt oder von so etwas Absurdem und völlig Unzeitgemäßem wie Demut. Aber die Erfahrung sagt einem, dass spätestens der Mai wieder alles neu macht. Also bitte keine Panik. Ein bisschen Melancholie hingegen muss drin sein.

Mittwoch, 17. September 2008

Geduld

Klar doch, genau an dem Tag, an dem ich die fünfzig Kilo mehr oder weniger relevanter Manuskripte endlich zur Post-Filiale schleppe, herrscht dort Ausnahmezustand. Schlange bis auf die Straße. Die Kunden mutmaßen, es habe etwas zu tun mit der gestrigen Schließung wegen Betriebsversammlung. Kommen also alle Kunden von gestern heute noch mal. Drinnen tun dann erfreulicherweise ganze zwei Mitarbeiterinnen Dienst, weniger als im Postbank-Investment-Center gleich nebenan. Der Typ vor mir hat den Mund offenstehen, zuckt komisch und spricht alle, die rauskommen, mit "Mojen. Bitteschön!" an. Ich hoffe, er schaut nicht nach hinten, findet mich spontan nett und beginnt ein Gespräch über die Spanische Eröffnung beim Schach, über Onanieren oder Heilkräuter. Dann würde ich nämlich freiwillig einige Leute vorlassen müssen.
Eine Familie, die sich gleich komplett versammelt hat, bringt einen Großauftrag. Fünfundzwanzig Pakete an die arme Verwandtschaft in Kasachstan. Sie haben nur die Waren dabei (Kleidung), aber keine Pakete. Die müssen erst vor Ort gepackt werden, natürlich möglichst günstig. Keine Ahnung von Paketformaten, keine Ahnung von Tarifen und auch keine von die deutsches Sprach, aber bitte schon mal anstellen, während die Mamuschka noch fröhlich vor Ort Pakete mit Kleidung vollpackt und beileibe noch nicht fertig ist, als das anstehende Familienmitglied drankommt. Ach, was wird das für ein herrliches Getümmel! Kasachische Menschenkette von der packenden Mamuschka zum Schalter, mitten durch die Schlange der geduldigen Mitbürger, von denen sogar welche mit weiterreichen. Die Angestellte bearbeitet ein Paket nach dem anderen, während Mamuschka in Hockstellung weiterpackt, schreiende Kleinkinder belabert und Adressaufkleber beschriftet, vermutlich auf Russisch, und das Familienmitglied am Schalter sich lauthals einen über Portogebühren radebrecht. Zwischendurch muss auch noch ein alter zittriger Herr mit Gehhilfe, der aus dem Investment-Center getippelt kommt, durch das Getümmel geschleust werden. Ich habe irgendwann die Übersicht verloren und hoffe, dass er nicht aus Versehen eingepackt wurde und sich jetzt auf dem Weg nach Kasachstan befindet.
Als ich dann dran bin, taucht die dritte Mitarbeiterin auf, die man per rotem Telefon aus dem Abfeiern der Überstunden herzitiert hat. Zu spät für mich und meine Mitbürger. Der Typ vor mir hat im Laufe der Wartezeit tatsächlich ein Gespräch begonnen, erwies sich als ein bisschen neben dem Gleis, aber auch als sehr freundlich. Hatte mit Schach, Onanie und Heilkräutern nichts am Hut, sondern wollte selbstreferentielle Kommentare zum Thema Warteschlange loswerden, bevor er aufs Wetter kam. Kein Problem für mich.
Ich beobachtete derweil mich selbst und die anderen Kunden in der Schlange und stellte dabei fest: Eigentlich habe ich echt eine Engelsgeduld. Wichtig erschien mir während dieser halben Stunde in erster Linie, dass die in Kasachstan warm angezogen sind, wenn dort der Winter kommt.

Sonntag, 14. September 2008

Tag des offenen Denkmals

Die Kirche St. Paul in unserer direkten Nachbarschaft ist relativ neu, Anfang des 20. Jahrhunderts, ist aber immerhin hübsch neu(spät)gotisch. Wenn man bei uns auf dem Balkon steht und dort hinaufschaut, befällt einen kurzzeitig das Gefühl, sich in irgendeiner englischen Kathedralenstadt zu befinden, Gloucester oder Canterbury meinetwegen.
Heute am Tag des offenen Denkmals haben wir mal die Gelegenheit ergriffen, dort raufzusteigen und uns das Viertel und unser Haus von oben anzuschauen. Zuvor gab es die ellenlange Führung eines jungen, netten, aber detailverliebten Gemeindeoberen, der die Geduld einiger Teilnehmer etwas strapazierte, bevor es dann endlich an die versprochene Turmbesteigung und den Marsch über die Hühnerleitern des Gewölbes ging.
Als noch spektakulärer empfunden wurde von uns der Besuch dieses Hauses in der benachbarten Straße, eines Gründerzeithauses, dessen vermodertes Dachgeschoss unlängst von einem Architekten ausgebaut, saniert und auf den neuesten Stand gebracht wurde. Auf den allerneuesten Stand. Es entstand im Treppenhaus eine Besucherschlange, da immer nur eine bestimmte Zahl von Leuten hinein durfte, und alle, die von oben herunterkamen, murmelten „Boah!“ oder „Meine Fresse!“ oder versicherten einem, dass das Warten sich lohne. Tja, das stimmte. Studentenbuden haben wir ja in all den Jahren genug gesehen, aber diesmal war die hippe, moderne Geldaristokratie dran, und wir bekamen auf einen Schlag die Jahresdosis Sozialneid verpasst. 280qm bewohnte Fläche mit modernster Ausstattung, ein Spielfeld für Designer, Accessoire-Süchtige, Möbelverrücker und Schöner wohnen-Chefredakteusen. Wir werden diese Wohnung gewiss noch in diversen Fernsehfilmen zu sehen bekommen, weil RTL sie ganz bestimmt bald für Dreharbeiten anmietet, um dem Publikum die Illusion zu verkaufen, in Deutschland würde selbstverständlich derart gewohnt. Was ich bislang noch nicht wusste, weil ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe: Es gibt spezielle Weinkühlschränke, die einem Weinregal nachempfunden sind und hundert oder mehr Flaschen immer auf der exakt einstellbaren Temperatur halten. 15 Grad, sagte die Digitalanzeige. Allein diese Stromkosten sind pure Dekadenz. Außerdem gibt es offenbar Mitbürger, die drei riesige Flachbildschirme (zweimal LCD, einmal Plasma) über ihre Bude verteilen und die Designerbadewanne freistehend neben das Doppelbett stellen. Und die Hochterrassen unterhalten, die andernorts als Parklandschaften durchgehen. Verräterisches Detail: Im lückenlos befüllten Bücherregal, das sich eine komplette Hochwand bis in die zweite Wohnetage hocharbeitet, entdeckte ich ein Exemplar von James Herberts Die Ratten und wusste sofort, dass dieses Regal mittels gedankenlos erstandener Flohmarktkisten bestückt worden war – reines Accessoire, denn Leute, die Weinflaschen derart kühlen, lesen definitiv keine Romane von James Herbert.
Als wir wieder unten vor der Tür waren, kam ein aufgedunsener Freak angeschlurft und fragte: „Haste mal ne Zarette? Schbin psüschisch krank.“ Wie schön, dass es das auch noch gibt.

Freitag, 12. September 2008

In der Stadt

Heute bin ich noch mal in die Stadt gefahren, aus keinem besonderen Grund, sondern nur wegen der Zerstreuung. Ich wäre jedoch vor den Toren beinahe wieder umgekehrt, denn der obligatorische Stau war besonders lang und hartnäckig. Wenn diese unheilige Allianz von Stadtverwaltung und Einzelhandel nicht in der Lage ist, für fließenden Verkehr zu sorgen, dann hat sie weder meine Parkgroschen noch meine Einkäufe verdient. Aber irgendetwas im Kleinhirn quengelt: „Halt durch, du Lusche, da unten wartet ein Kabeljaufilet auf dich!“
Okay, überredet. Dumpfes Vor-sich-hin-Starren und Auto meterweise rollen lassen.
Das Erste, was es in der Innenstadt wahrzunehmen gibt, ist der schrecklichste Straßenmusiker der Welt. Ich stehe gerade am Geldautomaten und denke, das Gerät sei irgendwie defekt, bis ich bemerke, dass das Gewinsel nicht von der Mechanik stammt, sondern von diesem Typen einige Meter weiter. Ein zahnloser Hutzel-Opa mit Klampfe und einer Haut, die wirkt, als sei er auf ihr einen Felshang in den Abruzzen runtergerutscht. Er klimpert und singt auf eine Art Experimentalitalienisch gezielt vorbeiflanierende Damen mittleren Alters an. Könnte auch Bulgarisch sein. Der Flirtfaktor eines Eros Ramazotti nach der Entsaftung. In München hätte man den längst in der Gummizelle verschwinden lassen, aber das hiesige Ordnungsamt ist definitiv zu liberal.
Später im Kaufhof geselle ich mich noch zu dieser Menschentraube hinzu. Folgendes war passiert: Ein junger Mann kommt die Rolltreppe runter, schreitet zwischen den Sicherheitsscannern durch, und es piept und blinkt. Der junge Mann bemerkt das gar nicht, sondern geht mit seinem Begleiter plaudernd einfach weiter. Es hält ihn auch niemand von den netten Herren in Blau auf, die haben gerade Mittagspause. Nun blicken gleichzeitig etwa ein Dutzend Kunden, die gerade nahebei am Stöbern waren, alarmiert auf und nähern sich dem blinkenden und piependen Scanner und beobachten ihn fasziniert beim Piepen und Blinken. Weitere Interessierte stoßen dazu, um diese Erfahrung zu teilen. Ich stelle mich einfach auch mal daneben und gucke mit. Das kleine Mädchen vor mir quiekt sogar, lacht ziemlich entfesselt und versteift sich ganz merkwürdig. Ich bekomme es mit der Angst zu tun, gehe schnell weiter und höre auf Höhe der Bücherabteilung die Durchsage: „Die kleine Persephone möchte von ihrer Mama am piependen und blinkenden Scanner abgeholt werden. Sie hatte eine mystische Erfahrung und hat sich ins Höschen gepieselt.“
An der Takeaway-Theke des Fischrestaurants ist ein älterer Herr vor mir, der gerade seine Fish and Chips über die Theke gereicht bekommt und nach Plastikbesteck in den bereitgestellten Schalen wühlt. Was er jedoch herauszieht, ist ein blutiges Skalpell und so eine Art kleines gynäkologisches Instrument. Im Idiom der Einheimischen ruft er, frei übersetzt: „Habt ihr hier kein anständiges Besteck?“ Die Küchenhilfe zieht das Messer aus dem Rücken ihres Kollegen, der kopfüber halb in der Friteuse hängt, und reicht ihm das. Dabei gerät sie in der Blutpfütze auf dem Boden ins Rutschen und muss aufpassen, sich nicht flachzulegen und komplett einzusauen.
Ich gehe dann mal wieder ohne Bestellung. Auf dem Rückweg zum Auto muss ich noch mal an dem Straßenmusiker vorbei. Er liegt dort, stranguliert mit einer Gitarrensaite, und die Zunge hängt ihm blau aus dem Mund. Außerdem hat eine unbekannte Dame ihm mit massig Lippenstift einen Kuss auf die grobporige Wange gedrückt.
Der Stau stadtauswärts ist dann nicht mehr so wild, weil offenbar einige arabische Studenten aus dem Studentenwohnheim heraus mit Bazookas auf die stehenden Autos geschossen und sie pulverisiert haben, bevor ein SEK wiederum sie pulverisiert hat. Soll mir recht sein, ich fahre ein bisschen Slalom um Autowracks und Trümmer des ausgebrannten Studentenwohnheims herum und habe freie Fahrt nach Hause.

Provinz mediale

Wenn man auf dem Land weilt und es regnet, sollte man sich auch massenmedial der Szenerie anpassen. Im Fernsehen ist es das bundesweit versendete, aber nicht zufällig vom regionalen Anbieter SWR produzierte Kaffee oder Tee?, eine Sendung für solche, die irgendwo auf dem Dorf hocken, während es regnet, und nachmittags nicht so recht etwas mit sich anzufangen wissen. Ideal also für mich. Es geht um das Wetter, um Gartenpflege, das Wetter, um Dorferneuerung, um regionale Künstler, um Yoga, das Wetter, Kochrezepte und um das Wetter. Zwischendurch werden auch mal niedliche Tiere vermittelt.
Ich frage mich allerdings, ob die wechselnden Moderatoren tatsächlich so harmlos sind, wie sie immer tun. Sie wirken allesamt wie mit der Schablone „Schwiegertochter/sohn“ gestanzt und sind das verständliche Gegenmodell zu all den hippen Moderationsuntoten der Dumpfbacken-Sender.
Aber diese liebreizende SWR-Dunkelhaarige von gestern zum Beispiel hatte beim Gespräch mit dem Wetterfrosch diesen ungemein kecken Blick drauf, und man musste kein Gebärdenexperte sein, um auch anhand anderer Signale zu erkennen, dass sie irgendwie spitz auf den zu sein schien. Erstaunlicherweise war der Wetterfrosch jedoch ein völlig unattraktiver Klotz, was mich zu der Vermutung verleitet, dass sie eventuell gerade ihren Eisprung hatte - oder gar nicht spitz auf den Wetterklotz war, sondern auf den Kameramann. Man vergisst bei diesen Heile-Welt-Dialogen in simulierter Kleingartenlandschaft ja sehr schnell, dass da eine Menge Typen herumstehen, die man ja gar nicht sieht und die eventuell gerade obszöne Gesten oder so was vollführen. Wer weiß, was da alles abläuft, während die Dunkelhaarige mal eben aus dem Bild verschwindet, weil eine andere Kamera fünf Minuten lang den Klimperheini aus Oberstolzenbachhausen bei seinem Herbstliedchen im Blick hat oder während der Einspielfilm über die Trachtentanzgruppe Prielmannsdorf-Unterbeuern läuft.
Die männlichen Moderatoren indes sind auch nicht übel. Der eine Blonde lachte neulich über einen Witz, der zuletzt im Jahr 1753 v. Chr. in einem Vorort von Jericho gesichtet wurde, derart lauthals, dass er gar nichts anderes sein kann als ein beinharter Zyniker. Und wenn er nach dem stundenlangen pseudo-interessierten Getue und all den Live-Beiträgen zu Blumengestecken, Haushaltsreinigung und dem Kochkurs mit Oma Martha Feierabend hat, sitzt er zu Hause vor der Glotze, zieht sich Michael Dudikoff auf DVD rein und wirft mit Bierflaschen nach seiner Frau. Wahrscheinlich ist er mit der Dunkelhaarigen verheiratet, weswegen es also echt kein Wunder wäre, wenn die dem Kameramann schöne Augen macht.

Donnerstag, 11. September 2008

Kreaturen der Nacht

Beim abendlichen Quarzen vor der ländlichen Haustür muss man aufpassen, dass man nicht auf den Frosch tritt, der in den Blumenkübeln wohnt und bei Dunkelheit herausgehüpft kommt. Sobald man ein paar Schritte von der Tür weggeht, muss man zwingend den Kopf einziehen, weil nach Einbruch der Dämmerung diese einzelne Fledermaus sich auf die Socken macht, die Straßenlaterne umschwirrt und Insekten abgreift, während vor einem dieser freche Marder sitzt und einen halbwegs fassungslos anstarrt. Geht man zur zweiten, oberen Haustür raus, gerät man womöglich zwischen die Fronten des Katerstreits, der sich um den Streuner-Fressnapf entspinnt, während der Igel, der in der Hecke wohnt, bloß blöd auf dem Gras sitzt und zuschaut. Wenn man danach in den dunklen Keller gehen möchte, um sich eventuell ein Eis aus der Kühltruhe zu holen, muss man aufpassen, dass die größte, haarigste Kellerspinne der Welt nicht gerade direkt auf dem Lichtschalter hockt.
Wenn man dann bei gekipptem Fenster im Bett noch etwas Fernsehen schaut, artikuliert sich draußen der Kauz, der sich offenbar direkt auf dem Fensterbrett mit einem Fuchs unterhält, jodeln die Kater und machen den Hansi Hinterseer, bevor einer von der Spezies Dorfproll die Straße hochfährt und bei offenen Fenstern auf seiner Monstro-Anlage Porno-Rap hört. Beim Runterfahren zehn Minuten später hört er Yvonne Catterfeld. Na, wenigstens konsequent.
Und wenn man dann schließlich nachts einsam im Bett liegt und gegen halb vier Uhr bedrängt und angeschubst wird, dann ist das nicht etwa der Geist der vorherigen Weihnacht, sondern das Hauskatzentier, das von seinem Lieblingsplatz, dem hohen Elternschlafzimmerschrank, herunterkommt ins Erdgeschoss, um zu überprüfen, ob man auch bloß ordnungsgemäß schläft.
Drei Tage länger, und ich werde mit all den Tieren sprechen und sie segnen.

Dienstag, 9. September 2008

Wetterschen

Hoppla, wassen das fürn Wetterschen heute?
Die Nacht bei offenem Fenster war geprägt von einem Kauz, der wild herumschuhut hat. Der Morgen grüßt mit dichtem Nebel im Tal, mit unsichtbaren muhenden Kühen hinter weißen Schleiern. Ab halb elf präsentiert sich der blankgeputzte Himmel in lieblicher Pracht.
Oh, da lasse ich den zu redigierenden Porno und den anzufertigenden Artikel doch mal zu redigierender Porno und anzufertigender Artikel sein und schlage mich skrupellos ins Gebüsch. Wenn ich nicht wiederkehre und dieses Weblog verwaist, dann wurde ich von Schafen angefallen, von Zecken ausgesaugt, liege irgendwo am Fuß einer Klippe, oder der Erlkönig hat mich im dunklen Tann geholt und schmatzt an meinen Eingeweiden.

Montag, 8. September 2008

Jau!

Nun ja, 15 DVDs wäre echt übertrieben gewesen, es wurden nur drei daraus. Darunter ein Klassiker, den man besitzen muss. Ich behaupte standfest und ohne im Moment weiter darüber nachzudenken, dass Jabberwocky der komischste Film der Welt ist, jedenfalls aber neben Robin und Marian der beste Film über das Mittelalter. Eine beeindruckende intellektuelle und technische Leistung. Ich liebe König Bruno den Fragwürdigen und Herrn Fishfinger; sie sind so authentisch.
Die neue Einkaufspassage kommt auf ein Drittel oder die Hälfte der Kalker Mall, in der ich ein und aus ging, als wir noch auf der Schäl Sick wohnten. Ziemliches Gewusel so früh nach Eröffnung, da muss man wohl noch mal in Ruhe durch. Einige Läden haben die Größe von Schuhkartons, und die Gänge in Kalk sind locker dreimal so breit.
Den besten Fisch der Welt macht übrigens nach wie vor Brauns Fischrestaurant in der Fleischstraße. War früher in der Kindheit immer etwas Besonderes, wenn man dorthin ging oder was mitgebracht bekam. In meinem Drang, verloren geglaubte Rauschzustände wiederherzustellen und nach Möglichkeit zu konservieren, trat ich also noch mal ein – und der Kabeljau war wirklich Jau!

Sonntag, 7. September 2008

Inklusorium

Wieder mal hüte ich das Haus auf dem Dorfe. Es herbstelt gewaltig auf dem Land, es stürmt geradezu, während da, wo mein Vater im Urlaub ist, offenbar die Sonne scheint. Fahrradfahren ist nicht, es sei denn, man möchte es Mary Poppins nachmachen und die Welt mal von oben betrachten. Außerdem sehe ich in einem Rock bescheuert aus. In der Dunkelheit und beim Rauchen auf der Terrasse irritiert mich ein neues rotes Licht am Horizont, das früher nie da war. Bei Tageslicht erkennt man, dass an dieser Stelle jetzt ein Windkraftrad über den Horizont lugt.
Die Katze ist mitgefahren und hat im Auto in ihren Transportkorb gekotzt, als ich diese eine Kurve zu rasant nahm. Es herrscht nun hier eine intensive Mensch-Katze-Kommunikation, aber keinerlei zwischenmenschliche. Ein formvollendetes Inklusorium. Meine zwischenmenschliche Kommunikation gestern bestand aus: „Eine Stange von den gelben Gauloises, bitte“ und aus „Nein“ auf die Frage „Auch getankt?“.
Kein Dorffest in Sicht, und das Dorfrestaurant hat dicht bis Ende des Monats.
Allerdings habe ich den Auftrag zu einem Artikel im Gepäck sowie einen Dark-Fantasy-Porno zum Redigieren, bei dem mir dauernd ganz wuschig wird. Zudem liegt hier ein riesiger Stapel Lokalzeitungen, den ich noch nicht angetastet habe, weil wirklich rein gar nichts Relevantes drinsteht in dem Blatt. Dann lieber Porno. Morgen gönne ich mir eine Fahrt in die Stadt, schaue mir die neue Einkaufspassage an, von der alle großkotzen, und kaufe mir 15 DVDs. Nein, definitiv keine Pornos.

Mittwoch, 3. September 2008

Hölle im Gebäude 9

Ich war zuvor noch nie im Gebäude 9 und kam mir mit meinem dunklen Jackett ein bisschen overdressed vor. Ziemlich wrack, dieses Areal, aber charmant und mit sehr nettem Team. Bei einem heftigen Regenguss wie gestern Abend nimmt ein Drittel des Publikums unter dem lecken Dach unfreiwillig eine Dusche, und der Boden wird glatt. So spart man sich vermutlich die Reinigungskräfte, indem man später eben noch mal mit dem Abzieher durchgeht.
Das Publikum kam zur Lesung des australischen Horror/Dark-Fantasy-Newcomers Will Elliott (Hölle), der begleitet wurde von Oliver Rohrbeck, Synchronsprecher (u.a. Ben Stiller), Chef einer Audiobook-Firma und Sprecher einer Figur der Drei ??? genauso wie des Hölle-Hörbuchs. Mein Piper-Auftraggeber moderierte den Spaß, weswegen wir auf der Gästeliste landeten. Mehr als die Hälfte des Publikums war Fan der ??? und kam wegen Rohrbeck, und der ziemlich zurückhaltende Autor geriet ein bisschen ins Hintertreffen, aber dieses cross marketing war schließlich die Absicht dahinter. Rohrbeck ist ein großer Unterhaltungsfaktor, aber mir persönlich geht diese Art des Vortrags etwas zu weit: Das Lesen in verteilten Rollen ist eine virtuose Sache, die viel Erfahrung und Training erfordert, jedoch prägt der Sprecher den Figuren seine Interpretation auf und macht aus Romanpersonal das eines Quasi-Hörspiels. Manchmal wird das so quiekig oder röhrend, dass man die Comic-Sprechblasen förmlich in der Luft schweben sieht. Ich persönlich höre Bücher nicht gern, ich lese sie lieber. Das Publikum hat’s jedenfalls genossen, und für eine solche Veranstaltung kann man schwerlich eine bessere Wahl treffen als Herrn Rohrbeck.
Das Buch scheint mir ziemlich schizo und archetypisch zu sein, und ich mache hier gern Werbung dafür.
Beim Umtrunk danach lernte ich allen Ernstes noch einen Übersetzer kennen, mit dem ich früher viel zu tun hatte. Wir wuchteten damals nahezu eine komplette Fantasy-Reihe und kannten uns nicht mal persönlich. Das war aber jetzt ein Hallo, bevor wir zur obligatorischen Wehleidigkeit übergingen: „Diese Zeiten kommen nicht wieder!“

Montag, 1. September 2008

Gastro-Kritik

Die Mikrowellen-Cheeseburger von Plus erwiesen sich als ganz ordentlich.

Nuss-Eis

Ich fand dieses Nuss-Eis gestern etwas zu nussig. Aber na ja, es war Nuss-Eiscreme mit Nusslikör und ganzen Nüssen. Wenn ich das bestelle, bin ich wohl irgendwie doch selbst schuld, wenn es mir zu nussig ausfällt.