Dienstag, 6. November 2012

G10


Irgendwo ist zu lesen, dass die Uhrentyp-Bezeichnung G10 zurückgeht auf das Versorgungsformular „G1098“, mit dem Angehörige der britischen Streitkräfte eine neue Armbanduhr anforderten. Später soll die Bezeichnung dann für alle sogenannten „issue watches“ (staatlich ausgegebene Militär-Einheitsuhren) gegolten haben. 
Dieses britische G10-Exemplar ist eine moderne Ausgabe, die sich weniger an Retro-Freaks und Feinmechanik-Enthusiasten richtet, sondern auf pure Alltagstauglichkeit aus ist. Auch ästhetisch, denn die Uhr fällt größer aus und bedient damit eher den heutigen Geschmack. Dennoch bleibt sie betont unauffällig und wird deswegen schnell zum Freund. Nicht zu dem zwar unterhaltsamen, aber auch ziemlich überspannten und geckenhaften Schnösel-Freund mit den Lackschuhen aus der Professoren-Villa die Straße rauf, eher zu dem etwas bulligen, zuverlässigen Kumpel mit den ölverschmierten Händen und dem sozialdemokratischen Vater aus der Arbeitersiedlung die Straße runter. 
Die Uhr ist günstig, quarzbetrieben, äußerst präzise, behebt keine Potenzprobleme, wertet einen sozial nicht auf, kann keine heranstürmenden Nashörner stoppen, strahlt nicht wie ein Honigkuchenpferd, verursacht keinen Augenkrebs und quatscht auch nicht dumm rum. Über der Sechs prangt kennerschaftlich der King’s Broad Arrow (= britisch), das Zifferblatt gehorcht jedoch den Vorgaben amerikanischer „issue watches“ aus den 60ern – also alles ganz genau so, wie es sein muss.