Sonntag, 31. März 2013

Seiko SNE095P2


Der Mann muss mit der Zeit gehen. Der Planet ächzt und strampelt und droht umzukippen. Ein globales Umdenken ist erforderlich. Atomausstieg, Stromsparen, Wärmedämmung, Bio-Ware fördern, Hauttinkturen mit ausschließlich natürlichen Inhaltsstoffen auftragen, VHS-Vorträge zur „Nachhaltigkeit“ besuchen, WDR-Servicezeit schauen. 
Der Mann trägt nun sein Scherflein bei und hat sich eine nachhaltige Uhr gekauft, eine Solaruhr. 
Konzerne haben normalerweise keine Skrupel, den Trend abzureiten und mit ihren echten oder angeblichen Öko-Produkten ordentlich Kohle einzufahren. Seiko denkt da offenbar anders, denn die SNE095P2 ist erstaunlich günstig. Man hätte das Dreifache des Kaufpreises nehmen können, und der Kunde hätte ihn wohl freudig zur Beruhigung des eigenen Gewissens gezahlt. Hauptsache Öko. Aber die netten Nipponesen meinen es ehrlich mit uns und fabrizieren nicht nur eine formschöne und nachhaltige Military/Sport-Herrenuhr, sondern auch noch eine richtig günstige. 
Mir geht es – neben der Rettung des Planeten durch die Vermeidung von Knopfzellen – dabei hauptsächlich um „Temporalautarkie durch die Nutzung natürlicher Ressourcen“. Diese Autarkie leisten zwar auch Automatik- und Handaufzuguhren, aber wegen der naturgegebenen Abweichungen mechanischer Gangwerke benötigen sie Betreuung durch den Nutzer. Würde man zum Beispiel drei Monate zur Missionsreise in den Dschungel Guatemalas fahren, müsste man eine ganggenaue Quarzuhr mitnehmen, um die Automatikuhr von Zeit zu Zeit nach der zu stellen. Heutzutage erscheint das ein bisschen absurd. Und in den Quarzuhren sind mir neulich kurz hintereinander drei Batterien krepiert, ohne dass die Uhren besonders lange gelaufen wären. Also irgendwie auch unberechenbar. Und nicht nachhaltig. Ich kann die leeren Knopfzellen ja wohl kaum einfach in den Dschungel schnippen. 
Ich besaß in den späten 80ern schon mal eine Solaruhr und war kein großer Fan. Ein leistungsschwaches Plastikding von Casio mit deutlich sichtbaren Solarzellen auf dem Zifferblatt. Die Ladung reichte mit etwas Glück einen Tag. Abends musste man sie zwingend ein Weilchen unter die Nachttischlampe legen, damit sie die Nacht überstand. Die Zeiger waren sehr schmal, um bloß die Zellen nicht zu verdecken. Aber: Ich fand diese Uhr neulich in einer Schublade wieder, und siehe da: Beim geringsten Kontakt mit Licht lief sie sofort an. Nach 25 Jahren. 
Die Technologie ist heute weiter. Diese Dinger laufen, bis die Sonne verglüht. Und danach mindestens noch ein Jahr, weil nach dem ganzen Weltuntergangsgleißen der Akku voll geladen sein dürfte.

Freitag, 15. März 2013

The Columbia Albums Collection


Alle, ich wiederhole: alle, Alben von 1972-1988, remastered, mit Bonustracks, inklusive der Live-Platten. Zusätzlich diverse „Radio Broadcast“-Boni auf zwei CDs sowie Download-Links zu vier kompletten Live-Mitschnitten der 70er und 80er. Epochal. 
Ich werde Wochen benötigen, dieses postmodern-romantische Gruseluniversum neu zu bereisen und zu ergründen. Tränen werden fließen („The Revenge of Vera Gemini“), das kalte, zynische Herzchen wird sich warm zittern („The Vigil“), der Kopf wird gegen Wände schlagen („Lips in the Hills“), das Haupthaar wird fliegen („Tattoo Vampire“), der Nacken wird schmerzen („Dominance and Submission“), die Finger werden bluten vom Luftgitarrespielen („ME 262“). 
Der Charakter des Mannes wird danach vielleicht kein grundsätzlich anderer sein, aber ein besserer.