Freitag, 28. August 2009

Metropolis

Sehr hübsch. Fritz Langs und Thea von Harbous Metropolis in der Kölner Philharmonie. Gezeigt wurde die von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restaurierte Fassung von 2001. Die Vorführung fand deshalb in der Philharmonie statt, weil die Original-Filmmusik von Gottfried Huppertz in ein Arrangement für Sinfonisches Blasorchester umgewandelt und von Mitgliedern der Jungen BläserPhilharmonie NRW vorgetragen wurde. Also eine Luxus-Ausgabe des originalen dramatischen Seh- und Hörerlebnisses.
Den Film habe ich als Knabe mal in irgendeiner kürzeren Fassung gesehen (keinesfalls jedoch der Giorgio-Moroder-Version), konnte mich jedoch daran kaum noch erinnern. Nun also mal als Kollektiverlebnis.
Spannende, mächtig kitschige Sache, deren rigoroses Overacting manches Mal Gelächter im Riesensaal hervorruft, bei der einem aber auch in nahezu jeder Einstellung der Vorbildcharakter ins Gesicht springt. Generationen von Filmemachern haben davon gezehrt. Als Hollywood noch in Deutschland lag. Unverschämt kreativ, gewaltig neu, Stimmungen der Epoche einfangend und zugleich merkwürdig veraltet, wenn es um die Dystopie der Arbeiterwelt geht. So war das damals schon längst nicht mehr. Beunruhigend anzusehen ist diese quasi-militarisierte Zombie-Unterschicht jedoch immer noch, ehe sie sich zu Motivfetzen der Marseillaise in einen herumwuselnden Haufen Aufruhr verwandelt. Heinrich George hat gegen Ende etwas eminent Expressionistisches an sich, wenn er herumspringt und sich erregt. Erinnert mich an den „Tigermenschen“ aus Meyrinks zehn Jahre früher entstandener Walpurgisnacht. Ähnliche Thematik, ähnliche Form. Und tatsächlich ist Metropolis genauso sehr Gothic Novel mit finsterem, keckerndem Alchemisten, Katakomben voller Skelette, der babylonischen Hure, alarmierenden Pentagrammen und überirdisch beleuchteten Kreuzen, einem herumstaksenden Sensenmann. Ein Mythen-Whirlpool mit einer Fülle von Effekten, die man heute als Comic bezeichnen würde. Mehr Comic jedenfalls als in sogenannten Comic-Verfilmungen.
Kapitalismus und Kommunismus sind 1926 längst zu Mythen geworden, die im Rahmen eines ästhetischen Alles-in-einem-Konzepts ausgeschlachtet werden dürfen. Die Drehbuchautorin geriet bald ins Fahrwasser der Braunen, und man darf in der Rückschau vermuten, dass sie mit der kitschigen „Versöhnung von Hirn und Hand durch das Herz“ bereits auf das integrative Selbstverständnis der Nazis anspielte, allerdings ist das noch weit entfernt von Propaganda. Es ist vielmehr ein typisch überkandidelter deutscher Film, der einen exzellenten Einblick in die florierende eklektizistische Phantastik der Epoche bietet.

Sonntag, 23. August 2009

Idyll mit Sensenmann

Der „Drei-Flüsse-Radweg“ ist genau so pittoresk, wie sein Name klingt. Auf Französisch hört er sich leicht umständlich an: „Piste cyclable des trois Rivières“. Mit den drei Flüssen sind Our, Sauer und Mosel gemeint; der Weg ist von Norden bis Süden 86 Kilometer lang und geht von Vianden (tolle Burg!) bis nach Schengen (wo bekanntlich mal alle Grenzen fielen).
Ich halte mich an ein Teilstück entlang der Sauer und an das deutsche Pendant („Sauertalradweg“), das über die alten Grenzübergänge oder Radfahrer-/Fußgängerbrücken erreicht werden kann. Auf dem Campingplatz Metzdorf kann es passieren, dass man beinahe einen torkelnden Restalkoholiker touchiert, der einem irgendetwas Unverständliches hinterherlallt. In Born begegnet man dem Sensenmann, nicht dem allegorischen, sondern dem echten steinalten Bäuerlein, das gefährlich nahe am Radweg Gras für die Karnickel mäht und nicht wirklich auf Radfahrer achtet, wenn es die Sense schwingt. Nachdem man dem Mähgerät entkommen ist, gibt das merkwürdige alte Hochhaus oben an der Hauptstraße Rätsel auf: mittendrin im Bauerndorf, zerdepperte Fenster, abblätternder Putz, wie zur Sprengung vorgesehen, aber eben zu sehr mittendrin für solcherlei. Also steht es einfach da rum. Vermutlich die aufgelassene Zentrale einer landwirtschaftlichen Genossenschaft. Wird bei der nächsten Tour erkundet, denn ein Abstecher würde einem jetzt gerade das Tempo nehmen.
Die subjektiv beste Stelle befindet sich auf der Höhe des Dörfchens Hinkel, direkt gegenüber des Heimatdorfes, das sich auf der anderen, deutschen Flussseite den Hang hinaufarbeitet. Dort in Hinkel gibt es eine Steigung. Strategisch klug platziert ist die klitzekleine „Radlerschänke“ mit der Pappschild-Aufforderung: „Gönnen Sie sich eine Pause“, jedoch ist daran nicht zu denken, denn eine Pause würde einem den Rhythmus zerhauen. Direkt nach der Steigung kommt nämlich ein ekstatisches Gefälle, vorbei an zwei Bauernhöfen und in einen weitläufigen Rastplatz nahe dem Wasserkraftwerk mündend, der einem nach dem Ausrollen „Zigarettenpause!“ entgegenschreit. In Rosport wird einem der Spaß am dortigen kurzen Gefälle genommen, weil ein holländischer Familienclan breitärschig über den Weg latscht und man deren Krücken-Opa nicht umnieten will. Also vorsichtig durchschlängeln. Hinter Rosport dann die Sprudelfabrik mit dem Reiter-Logo. Man wünscht sich, es würde irgendwer an einem Campingtisch und unter einem Sonnenschirm an der Werkseinfahrt sitzen und Produktproben zur Verköstigung anbieten, aber bei den Sprudlern ist heute keiner da.
Steinheim erweist sich im unteren Teil als reinstes Idyll aus Bauernhöfen und Kirchplatz, die schönste Verweil-Bank der ganzen Strecke befindet sich hier am Ortsausgang. Auf der nicht mehr ganz neuen Brücke bei Minden knarzen die Holzbohlen, dass man befürchtet, gleich in den Fluss durchzubrechen. Zwischen Edingen und Godendorf erhascht man einen Blick auf den Fluss und ein Schwanenpärchen, dass einem kurzzeitig der Atem stockt und man abbremsen muss, so idyllisch ist das. Der Tunnel bei Ralingen ist hingegen ein gefährliches Ding, wenn man nämlich aus dem gleißenden Sonnenschein ins Stockdunkle rast, nur noch gelbe Flecken und tiefste Schwärze vor Augen hat und einem eine Truppe Hobbysportler entgegenkommt, die ebenfalls nur gelbe Flecken und tiefste Schwärze vor Augen hat, zu dritt nebeneinander fährt und keinen Gedanken an Gegenverkehr verschwendet. Weder ihre Asphaltkampfmaschinen noch mein Veteran besitzen eine Lichtquelle. Nachdem man das ohne Frontalkollision überstanden hat, kommt eine sehr kurze, sehr brutale Steigung, die man von weitem nicht für menschenmöglich hält, aber dann doch irgendwie packt, ehe es durchs Dorf bergab geht und sich die Sache abflacht und beruhigt. Es zieht sich ein bisschen bis nach Hause, da der Weg auf der deutschen Seite wegen einer Flussschleife sehr viel weiter ist als auf der ausländischen, man hat sozusagen die Außenbahn erwischt. Jedoch ist man dann schon zu sehr damit beschäftigt, telepathischen Kontakt zu der Flasche mit koffeinhaltigem Softdrink aufzunehmen, die man vor der Abfahrt klugerweise im Kühlschrank platziert hat.

Eine Definition von Glück

Erst auf dem Asphaltkampfschwein die lange 25-Kilometer-Runde über den „Drei-Flüsse-Radweg“ mit zweimaligem Grenzübertritt, in forschem, aber nicht brutalem Tempo, so dass holländische Touristen zumindest eine theoretische Chance haben, auszuweichen. Danach in einem kühlen, abgedunkelten Zimmer auf dem Bett liegen, Coca Cola und Paprika-Lyoner in Griffweite, und den Leuten bei der Leichtathletik-WM beim Zappeln und Schwitzen und insbesondere Prachtweib Betty Heidler bei erotischen Drehbewegungen zuschauen.

Donnerstag, 20. August 2009

Schmerzfreier Hintern

Gestern mit Katze und Laptop aufs Land gedüst. In aller Herrgottsfrühe, also so um halb neun. Da fühlt sich das Auto noch nicht an wie ein Backofen, und die Schatten in der Eifel sind noch lang.
Natürlich wurde lautstark protestiert und auf dem Weg zum Auto das halbe Viertel zusammengebrüllt („Hilfe! Hilfe! Ich werde unterdrückt!“), selbstverständlich wurde in den Katzenkorb gekotzt und während der Fahrt dramatisch gehechelt und sofort nach der Ankunft demonstrativ das Katzenklo überschwemmt – und es wurde überlebt. Wie immer. Das Drama war jedoch relativ schnell vergessen angesichts der beiden neuen Ponys auf der Wiese neben dem Haus. Kann man diese seltsamen Kreaturen fressen, oder fressen die einen?
Herrchen hat derweil zur Akklimatisierung seine erste kleine Fahrradtour gemacht, wurde von einem Rowdy überholt und überholte seinerseits Rentner. Am niedrigsten Punkt der Strecke, einer Bachmündung, war es so schön kühl, dass er hätte verweilen wollen, wenn er nicht den Bergab-Schwung für die darauffolgende sanfte Steigung benötigt hätte. Die heftige Steigung gegen Ende bewältigte er problemlos ohne Anlauf und ohne Schnaufen. Er war wieder mal überrascht von sich selbst. Alle behaupten ständig etwas von einem ungesunden Lebenswandel, den er sich zu eigen gemacht hätte. Nicht mal der Hintern tut ihm heute weh. Darauf eine Stange Luxemburger Zigaretten.
Ansonsten lässt er am Nachmittag die Rolläden herunter und vergnügt sich mit Zombies sowie Käsegrillern im Speckmantel.

Samstag, 15. August 2009

Redakteursfleisch

Eingabe ans Finanzamt: Zu den steuerlich absetzbaren Büromaterialien sollten Fechtanzüge hinzugefügt werden.
Begründung: Die Büroarbeit wird meistens in einer halb liegenden Position ausgeführt. Auf der Couch oder dem Arbeitsbett sitzend, angelehnt und mit ausgestreckten Beinen, den Laptop auf dem Schoß oder den Oberschenkeln. Dies ist bequem und effektiv und fördert das Bruttosozialprodukt. Allerdings gibt es eine Kollegin im Büro, eine ziemlich kleine Kollegin mit überaus langen Fingernägeln, die die Arbeit als Teamwork versteht und auf Redakteursbauch und -brust klettert, um stundenlang das Geschehen auf dem Monitor zu verfolgen und zu kommentieren. Dabei gibt sie laute Vibrationsgeräusche von sich, presst ab und an den Kopf in reibender Bewegung gegen den Monitor oder nimmt durch gezielte Betätigung der Tastatur sinnvolle Korrekturen am Text vor. Bis es jedoch so weit ist und die Kollegin sich in der richtigen Arbeitsposition befindet, kann einige Zeit vergehen. Sie bereitet ihren Arbeitsplatz, Bauch und Brust, erst ausgiebig vor, tritt ihn platt und krallt dabei ihre Fingernägel rhythmisch durch Redakteurskleidung in darunterliegendes Redakteursfleisch, um sich schließlich dauerhaft in ihm festzuhaken wie ein Bergsteiger, der Kletterhaken in die Wand geschlagen hat. Haut reißt, Blut fließt, Luft wird scharf durch zusammengepresste Lippen eingesogen, Schmerzensschreie hallen durchs Büro, die Redakteursbrust ist bald so vernarbt wie die von John Rambo. Manches Männerfleisch steht bekanntlich auf solche Behandlungen, manches jedoch auch nicht. Der Redakteur ist eine Zeitlang paralysiert und seiner Effektivität beraubt. Die Auftragserledigung nimmt mehr Zeit in Anspruch, Redakteur und Bruttosozialprodukt erleiden Schaden.
Fazit: Abhilfe könnte geschaffen werden, indem das Finanzamt Fechtanzüge als Arbeitskleidung für Redakteure akzeptiert, zumindest das Oberteil. Der Vorschlag, der Kollegin einen anderen Arbeitsplatz zuzuweisen oder ihre Fingernägel zu schneiden, ist nicht akzeptabel und gefährdet das Betriebsklima.

Mittwoch, 12. August 2009

Katzentoilette

Die Anschaffung einer Katzentoilette, in gewissen Haushalten auch als „Kackacker“ oder „Strullstrand“ bekannt, ist eine Angelegenheit, die durchdacht werden sollte.
Eine beliebte Volksweise verkündet: Katzenklo macht Katze froh. Dagegen ist nichts einzuwenden, es sollte jedoch auch die Überlegung einbezogen werden, ob das Katzenklo den Katzenhalter froh macht.
Solche Exemplare, die aus einer Pfanne für das Streu und einem hohen Deckel mit Einstiegsöffnung bestehen, fordern das urinierwillige Tier auf, zum diskreten Erleichtern in ihr Inneres zu treten. Sie sind sicher gut gemeint, aber wenn sie nicht nach jedem kleinen Urinspritzer gereinigt werden, sammeln sich – unabhängig von der Qualität des Katzenstreus – schnell gewisse Düfte im Innenraum. Das urinierwillige Tier nimmt zwar die Einstiegsöffnung in Anspruch und begibt sich widerspruchslos nach innen, dabei jedoch ist sein feines olfaktorisches Sinnesorgan regelmäßig irritiert. Dies wiederum führt dazu, dass das Haustier sein Hinterteil nicht ordnungsgemäß senkt und sozusagen im Stehen pinkelt. Und zwar in hohem Bogen aus der Einstiegsöffnung heraus. „Die Katze mag keinen Ammoniakgeruch“, meinte einst ein Katzenexperte dazu, „deswegen pisst sie lieber nach draußen.“
Die flache Pfanne ohne Deckel ist dem Haustier ebenfalls nicht gänzlich geheuer. Es balanciert mit allen vieren auf dem schmalen Rand, um sich zwar jetzt in angemessener Luftzirkulation, allerdings aus einer erhöhten Position heraus zu erleichtern. Durch den Balanceakt kann es vorkommen, dass der feline Hintern ebenfalls nicht komplett in Richtung Streu gesenkt wird und zudem während der Kombination aus Balance- und Uriniervorgang in Bewegung gerät. Dabei bleibt das Katzenstreu trocken, was aus ökonomischen Gründen sinnvoll erscheint, allerdings werden die Badezimmerkacheln nass.
Halter einer sogenannten „Luftpinkler“-Katze, auch bekannt als „Bogenpisser“ oder „Kachelbedufter“, sollten eine deckellose Pfanne mit einem breiten umlaufenden Rand in Erwägung ziehen, die, den Gesetzen der Physik zufolge, jede denkbare Erleichterungsposition Ihrer Katze berücksichtigt.
Nehmen Sie vorher die Maße Ihres Tiers, denn zum Kauf angeboten werden auch Katzentoiletten von der Größe eines Whirlpools, in denen Ihr Haustier sich beim Erleichtern vermutlich etwas verloren vorkommt. Achten Sie ebenfalls auf die Farbgestaltung. In einem dunkelblau-hellcremefarbenen Bad hat eine neongrüne Katzentoilette vermutlich nicht nur abschreckende Wirkung auf Sie und Ihre Besucher, sondern auch auf das Haustier selbst. Gänzlich vermieden werden sollten modische halbtransparente Toilettenpfannen, egal von welcher Farbe, durch deren Rand die sorgsam vergrabenen Kotklumpen für Besucher deutlich zu erkennen sind und eventuell ungute Gefühle auslösen.

Montag, 3. August 2009

Mittelalter auf der Wiese

Mittelalter-Festival. Eine Veranstaltung mit gewissem Unterhaltungs- und Grenzwertigkeitsfaktor und deswegen unbedingt empfehlenswert. Auch zum spaßigen Korinthenkacken. Für ein paar Stunden, dann nutzt es sich ab.
An der Kasse am Eingang werden 20 Euro vom Wechselgeld ungefragt in „Goldtaler“ umgetauscht, die Festival-Währung. Panik macht sich breit. Muss ich jetzt die ganzen 20 Euro respektive Goldtaler hier unters Volk werfen? Nein, nein, alles okay, man kann die nicht verwendete Parallelweltwährung beim Verlassen des Geländes an der Kasse wieder zurücktauschen. Aber es wird sich als unproblematisch erweisen, den Großteil der Goldtaler für Verpflegung loszuwerden.
Mittelalter-Festival. Ein Wirtschaftszweig, der sich selbst ernährt. Versicherungsfachangestellte und Ergotherapeuten markieren am Wochenende Ritter und Burgfräulein und rüsten sich aus bei Händlern, die spezialisiert sind auf Versicherungsfachangestellte und Ergotherapeuten, die am Wochenende Ritter und Burgfräulein markieren. Man kann sie ganz gut auseinander halten, die kostümierte bürgerliche Mitte und die Aussteiger, die von ihr leben.
Dazwischen einige Belege für die Richtigkeit der These, dass Fantasy besser zwischen Buchdeckeln verbleibt: Elfenohren aus Hartgummi. Elfenflügel aus Weichgummi. Teufelshörner aus Plastik. Notorische Legolasse. Hänflinge in Kettenhemden. Stark Kurzsichtige mit englischen Langbögen und vollem Köcher. Einssechzig große Freizeitkrieger mit zwei Meter langen Schwertern. 130 Kilo schwere Burgfräuleins. Kelten mit Allergiespray. Wikinger mit Springerstiefeln. Gothics, die, was ihre Kompatibilität mit dem Mittelalter betrifft, einem generellen Missverständnis aufsitzen. Und Wildschwein vom Spieß, das ungefähr 25 Prozent zu teuer und definitiv nicht Wildschwein, sondern Hausschwein vom Spieß ist. Egal, schmeckt trotzdem.
Beschallt wird die Szenerie von diversen Musikbühnen aus. Hauptsache, es klingt irgendwie altertümlich. So wie zum Beispiel die Holländer, die aussehen wie losgelassene Manowar-Highlander, dramatisch die Nebelmaschine anwerfen und wild herumzucken, lustigerweise aber bloß jene schottischen Volksschnulzen spielen, die man Samstagabend in jedem Pub der Inseln vorgedudelt bekommt. Dort jedoch mit schottischem Akzent, nicht mit holländischem. Roger Whittaker hat einige dieser Songs auch schon auf Platte pressen lassen.
Die Schaukämpfe werden von tschechischen Cascadeuren ausgeführt, die mit pathetischem Gestus und dramatischem Ingrimm tausendmal einstudierte Schwertkloppereien zum Besten geben. Daneben ist „Fahrend Volker“ das Publikum abhanden gekommen, das beinahe geschlossen zu den prügelnden Rittern pilgert. Dabei ist Volker der eigentliche Star des Festivals: Jongleur, Zauberer und Entertainer mit einem charmanten All-Age-Programm, das wirklich Spaß macht. Volker besitzt jene Kombination aus Professionalität und Spontaneität, die einen großen Kleinkünstler auszeichnet. Buchen Sie ihn unbedingt für Ihr nächstes Firmenjubiläum, Sie werden was zu lachen haben.
Im Heerlager, in dem all die Re-Enactment-Gruppen sich übers Wochenende niedergelassen haben und grillen oder Sprudel trinken, sitzt eine verkleidete Frau vor einem Zelt, strickt und verkündet, dass sie so wenigstens etwas Sinnvolles zu tun hätte.
Nachdem wir gegen Ende noch ein wenig den holländischen Highlandern gelauscht und tanzenden Mädels in Waffenröcken zugesehen haben, haben wir am Ausgang allen Ernstes noch vier Goldtaler übrig zum Eintauschen in Rest-der-Welt-Währung.
Um 20 Uhr fahren die Wagen aufs Gelände und räumen die Festivität wieder ein. Nächstes Wochenende trifft sich die Parallelgesellschaft auf einer anderen Wiese der Republik.