Freitag, 28. September 2012

Kuschelig!

Die kubanische Heizung pluckert wie verrückt und ist jetzt regelrecht zu warm. Muss sie runterstellen.
Jawohl, sie funktioniert wieder. Und wie! Der Vermieter hat irgendwo einen schnauzbärtigen Typen namens Miguel aufgetrieben. Der klingelte bei mir, radebrechte ein bisschen auf Hispano-Deutsch, und ich schickte ihn in den Keller. Dort schuf er für die Heizung ein Wohlfühlklima und gab sich richtig Mühe. Er sang einer Vollversammlung der Relais die „Internationale“ auf Spanisch vor und reinigte Welle und Lager des Brenners zärtlich mit einem originalen Che-T-Shirt aus den Siebzigern. Danach spülte er irgendwelche Leitungen mit Cuba Libre durch und installierte kurz hinterm Brenner das Triebwerk einer alten SS-5-Mittelstreckenrakete, die noch aus der Kuba-Krise übrig geblieben war. Von Letzterem, so sagte er verschwörerisch grinsend, dürfen die Amerikaner natürlich nichts wissen, also: Pssst! 
Der Trick bei kubanischen Heizungen ist, ihnen den Eindruck zu vermitteln, sie seien noch in Havanna und stünden im Dienst der befreiten Arbeiterklasse. Eine Handynummer hat Miguel leider keine hinterlassen, weil er den ganzen Winter über durch den ehemaligen Ostblock zieht, um versagende kubanische Heizungsanlagen zu kurieren. Er empfahl uns die Aufstellung eines Tischaltars mit Linkskitsch im Heizungskeller. Ich teilte ihm mit, dass ich oben im Schreibtisch noch gewisse Fotografien von Sahra Wagenknecht und Gesine Lötzsch in Unterwäsche habe, aber er lachte nur mit bebendem Schnauzbart, sagte, es müsste schon mindestens eine Trotzki-Büste sein, und zog von dannen.