Dienstag, 2. Dezember 2008

Schneekönigin

Ich finde, Sandra Borgmann hat derzeit das irritierendste Gesicht im deutschen Fernsehen. Kalt und glatt, wie eine in einem Gletscher eingeschlossene Porzellanpuppe, aber in den oberen Schichten doch so durchsichtig, dass man unablässig die Unterströmungen wahrnehmen kann. Wie eine junge Faye Dunaway, die vorzeitig in die Psycho-Mühle des Lebens geraten ist. Ich weiß selbst nicht so genau, ob ich das jetzt als Kompliment meine oder mich einfach nur bibbernd vor ihr ängstige. Tatsache ist, dass beim Zappen der Finger sofort über der Fernbedienung verharrt, wenn plötzlich dieses Gesicht im Senderflirren auftaucht. Ich bin dann einen Moment lang wie eingefroren und muss zwanghaft hinschauen, ehe ich die Decke etwas höher ziehe.
Gestern Abend spielte sie in dieser Anwaltsserie, die RTL nach einer Folge abgesetzt und dann die ARD gekauft hat, eine Mutter, die den Mörder ihrer Tochter erschießt. Ich musste unbedingt den DVD-Abend ein paar Minuten nach hinten verschieben und bis zum Ende gucken, um zu sehen, wie dieses Gesicht das Urteil aufnimmt. Das vom Drehbuch vorgesehene Urteil an sich war mir völlig egal, ich wollte nur die Regung sehen, die Frau Borgmann ihrer Figur verleiht.
Erstmals fiel sie mir auf in dem sehr unbehaglichen TV-Film Unter dem Eis (passender Titel), wo sie - quel surprise! – die Mutter eines ermordeten Mädchens spielte und den ganzen Film an der Grenze zum Zusammenbruch verbrachte und schließlich auch jenseits dieser Grenze. Sie hat auch wohl schon eine ganze Menge heiterer Figuren verkörpert und steht überhaupt ganz gut im Futter. Die Einschätzung als Psycho-Spezialistin ist vermutlich ungerecht und einseitig, aber ich schätze, man muss nicht alle diese Nebenrollen kennen. Ein einziger herausragender Bibber-Auftritt reicht, und sie hat einen mit einem schneeköniglichen Anti-Zapping-Bann belegt. Schlotter.