Sonntag, 4. April 2010

Geheimer Wettbewerb

Neben all den hübschen Schreibwettbewerben, Nominierungsrunden und Preisvergaben im Genre-Literaturbetrieb, die der Selbstvergewisserung dienen, existiert in hermetischen, nur Eingeweihten zugänglichen Zirkeln heimlich, still und leise seit der Frühen Neuzeit der Wettbewerb „Dümmster Autor des bekannten Universums“. Einmal im Jahr, an Karfreitag, treffen sich die Abstimmungsberechtigten in einem geheimen Kellergewölbe der alten Abtei in Prüm (Eifel), zünden Kerzen an, hüllen sich in Kapuzengewänder und diskutieren mit verstellten Stimmen die Nominierten aus. Der Sieger wird unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – zumindest unter Vorspiegelung nicht ganz korrekter Tatsachen – fürs nächste Jahr eingeladen ins Gewölbe zur Preisvergabe, nackt und schlecht frisiert auf eine geheime, nicht näher zu beschreibende Apparatur gefesselt und während des streng geheimen Vorgangs drei Stunden lang laut ausgelacht. Danach erhält er seine Urkunde und darf, mit Irritation und Schrecken im gehetzten Blick, wieder gehen.
Der diesjährige Preisträger hat für helle Freude unter den Abstimmungsberechtigten gesorgt, denn so eindeutig fiel das Votum seit dem Jahr 1642 nicht mehr aus. Das war wirklich ein Höhepunkt der Dummheit, der selbst den alten Hasen die Tränen der Rührung in die Augen trieb.