Donnerstag, 7. Oktober 2010

Zurück im Regal

Ich habe es wieder, die Depression wurde abgewendet. Das wichtigste Buch der späten Kindheit ist zurück im Regal. Nachdem es weder auf dem Dorf noch hier in Köln aufzufinden war, kam ich zu dem Schluss, dass ich es wohl irgendwann mal in einer durch nichts zu rechtfertigenden kampfflugzeugkritischen Phase verscherbelt hatte. Jetzt besorgte ich es mir antiquarisch und überaus günstig im Internet. Militärflugzeuge der Gegenwart aus aller Welt vom englischen Flugzeug-Journaillen-Guru Bill Gunston. Hübsche Illustrationen, Risszeichnungen, massenhaft Action-Bilder und Hintergrundinfos. Und schwärmerische Kommentare des Flugzeugfetischisten. 
Ich kaufte es mir damals von einem Gutschein. Weiß ich noch. Könnte sogar der Restbetrag eines Lernmittelgutscheins gewesen sein. Wenn das unsere friedensbewegten Lehrer gewusst hätten, diese Schlümpfe. Womöglich war die jugendliche Jet-Affinität sogar eine Art unartikulierter Protest gegen die biestigen Weltverbesserer, in deren Klauen wir damals geraten waren.
Die deutsche Ausgabe des Kölner Buch und Zeit Verlags stammt von 1978, das britische Original lässt sich aufgrund mangelhafter bibliographischer Angaben und der Unzahl von Gunston-Büchern nicht recht ermitteln. Wird so 1976 gewesen sein. Das war die Zeit, in der die sogenannte Dritte Generation der Strahlflugzeuge nach und nach in Dienst gestellt wurde. Die neuesten Flugzeuge in diesem Buch waren die F-16 und der Tornado, und sie standen noch vor der Inbetriebnahme. Das ist der Vorteil dieses Bandes. Denn in jüngeren Büchern werden ganz gerne wunderschöne, knorrige ältere Modelle, die längst überall ausgemustert wurden, unter den Tisch fallen gelassen zugunsten der Vierten Generation, die kampfjettechnisch vielleicht dernier cri, ästhetisch aber unglaublich langweilig ist. Typhoon, Rafale, Gripen, Raptor und so’n Zeug. Die sehen alle völlig gleich aus. Die Vertreter der Ersten Generation (nach dem WKII) sahen sich auch schon verhältnismäßig ähnlich, etwas grobschlächtig, ziemlich rundlich. Die Dritte Generation sah zwar völlig anders aus, wies aber auch wieder diese Ähnlichkeiten untereinander auf: teure, flache Flundern mit Doppelleitwerk, Schwenkflügeln und sowas. Wirklich knackig war jedoch der Übergang von der Ersten zur Zweiten Generation sowie jene Zweite selbst, die in den 60ern in Dienst gestellt und multinational die ganzen 70er und frühen 80er hindurch unseren lieblichen rheinland-pfälzischen Himmel durchpflügt, den Blick nach oben und die Handflächen auf die Ohrmuscheln gezwungen hat.
Lustig ist das Buch natürlich auch als historisches Dokument, denn über die zahlreichen sowjetischen Flugzeuge können manchmal nur Mutmaßungen angestellt werden, inklusive verwischter Fotos.

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