Montag, 31. Dezember 2012

Of the Sun and Moon

Ziemlich rückverliebt in dieses Album von 1986. Eigentlich hatte ich dem reinrassigen Heavy Metal abgeschworen, aber vielleicht hat die Rückkehr dahin mit dem Alter zu tun. Vielleicht braucht man wieder mehr Pathos und Verschwurbelung, mehr Überzeitlichkeit, mehr großes kosmisches Theater statt die Teilnahme an der Selbstbeschau jüngerer Pop- und Rock-Generationen, die einen schlicht nicht interessieren.
Die Platte kaufte ich damals in Koblenz, während eines kurzen Bundeswehr-Urlaubs. Ich entsinne mich an großes Kritikerlob in den Schwermetall-Gazetten, allerdings gab es wohl kaum Abverkäufe. Es tummelten sich 1986/87 einfach zu viele Bands im frühen ProgMetal und wurden von Queensryche und Fates Warning übertönt. Es blieb bei diesem einzigen Album der kanadischen Band Sacred Blade: Of the Sun and Moon. Heute ist es einigermaßen obskur, wird aber von Standhaften als eines der besten Metal-Alben der 80er kultisch verehrt, besonders in Deutschland. Und diese Leute haben, soweit ich das beurteilen kann, absolut recht.
Ich mochte natürlich den durchs kosmische Dunkel galoppierenden Power Metal auf Sabbath-Pfaden, aber auch den spacigen Zugang, die epische Breite, die harmonische und melodische Qualität, die unerwarteten Breaks und jazzigen Stilwechsel, den typisch kanadischen Prog-Anteil, die hawkwindesken Päuschen, das Gefrickel und das Eigenbrödlertum. Schwerer und gedankenvoller als andere Metal-Bands, kosmische SF-Kunstmythologie statt Weltuntergangsphrasen, Horror-Trivialitäten und Gothic-Kitsch. Literarisch, melancholisch, mysteriös und dazu da, ihm auf den Grund zu gehen. Der Schlussteil, das achtminütige Instrumental „Moon“, gehörte ohnehin stets zum Schönsten, was der Metal der 80er angerichtet hat.
Fast zwanzig Jahre später öffnete Blade-Chef Jeff Ulmer mit seinem neuen Projekt Othyrworld die Archive und spielte neben neuen Stücken auch altes Material ein, so dass das Album Beyond Into the Night of Day zu einem erweiterten Remake geriet. Es wurde abseits der Industrie und neben den herkömmlichen Vertriebswegen losgelassen. Perfektionist und Universalist Ulmer wollte unabhängig bleiben und hatte keine Lust, sein Talent kommerziell zu verwerten. Das macht den Kauz glatt sympathisch.