Dienstag, 11. Juni 2013

Iain Banks

Iain Banks ist mit 59 Jahren gestorben. Es dauerte nur zwei Monate von der Nachricht seiner Krebserkrankung bis zum Tod. In Deutschland gibt es Nachrufe von Spiegel, Stern und anderen, obwohl sich zu Lebzeiten kaum einer von denen jemals für den Autor interessierte. Der war doch, brrr, Science Fiction. Jetzt, da Nachrufe die britische Presse fluten und von einem der bedeutendsten englischsprachigen Schriftsteller nach 1945 sprechen, kommen sie offenbar auch langsam auf den Trichter. 
Für mich persönlich ist Banks der favorisierte Autor einer vergangenen Lebensphase, derjenigen Epoche vor der Aufnahme professioneller Tätigkeiten in der Buchbranche. Sowie jener ersten umtriebigen Jahre als Professioneller. Der erste in Deutschland erschienene Roman war 1989 Bedenke Phlebas / Consider Phlebas, und es war eine Space Opera, die mich als reiner, unbefleckter Leser – wie junge Leute heute wohl sagen würden – buchstäblich „flashte“: Ich sah danach nur noch Blitze. Krachledern, robust, größenwahnsinnig und dennoch eigenartig fein, reflexiv und hinterfotzig. Literatur! Neue Banks-Romane bei Heyne wurden fortan zu Ereignissen (Favorit: Barfuß über Glas / Walking on Glass), und Sky Nonhoff machte sich Mitte der Neunziger bei Goldmann darum verdient, auch die Gegenwartsromane auf uns loszulassen und sie zudem noch mit coolen Nachworten auszustatten. (Favorit natürlich: Verschworen / Complicity). Ich behaupte, dass Banks damals eine Generation von loyalen Heyne-SF-Jüngelchen in die Feinheiten literarischen Schaffens einwies und nicht wenige aufs Angenehmste irritierte und irgendwie an seinen Texten, ja, reifen ließ. Denn in Wirklichkeit waren natürlich auch seine SF-Romane britische Gegenwartsliteratur voller brisanter aktueller Inhalte, nur eben eigenwillig verkleidet. 
Ich habe damals auch einige Banks-Einträge für den Werkführer der utopisch-phantastischen Literatur verfasst. Keine Ahnung, was ich da alles verzapft habe, müsste ich jetzt nachschauen. Vermutlich ist das alles viel zu enthusiastisch. Aber so war das damals: Feuer und Flamme. 
Irgendwann wurde ich dann von Heyne dazu auserkoren, die jeweils neuen Banks-SF-Manuskripte testzulesen und zu begutachten. Es war ziemlich egal, was ich dazu schrieb, der Ankauf war ohnehin beschlossene Sache. Mit zunehmender Professionalisierung ging der Zauber allerdings ein wenig verloren. Banks war inzwischen ein Promi unter vielen, und die Romane wurden umfangreicher, exzentrischer und inmitten einer Umbruchphase des Genres gewöhnlicher, obwohl sie natürlich – allein wegen der Strahlkraft des Namens – nie Routine wurden, sondern Ereignisse blieben. 
Nun ist die Ereigniskette ein für allemal abgerissen, und ich denke durchaus wehmütig an diese frühen gemeinsamen Jahre, die Banks’ erste, blau gestaltete Heyne-Auflagen und ich miteinander im Zwiegespräch verbrachten – und an Nonhoffs coole Goldmann-Nachworte. 
Machen Sie’s gut, Mr. Banks. Ein wesentlicher Teil von Ihnen bleibt sowieso hier.