In dieser Wohnung existieren zwei Welten. Sie lassen sich recht einfach separieren durch „Lärmschutzfenster während Berufsverkehr auf“ und „Lärmschutzfenster während Berufsverkehr zu“.
Die erste Welt ist lebendig und betriebsam, voller Zischen, Sausen, Rauschen, Quietschen, Röhren und lautem Plappern oder Lachen; alle Verrichtungen innerhalb der Wohnung laufen schneller und effizienter ab, passen sich dem Rhythmus von draußen an. Man fühlt sich jung, kann kaum stillsitzen und möchte unbedingt Anteil haben an dem rätselhaften Geschehen, an den Tätigkeiten, an den Wegen von A nach B, am Gewusel, und man möchte den Nachttopf durchs Fenster entleeren und dabei rufen: „Vorsicht, da unten! Scheibenwischer an!“
In der zweiten Welt ist das alles ganz weg. Da will man sich sofort den Kimono überstreifen, in die liegende Position wechseln und sich dem altehrwürdigen Schrifttum und dem Ikebana widmen, dabei dem leisen Prötteln der Kaffeemaschine lauschen, dem zarten Schnarchen des Katzentiers, dem Plätschern des Springbrunnens im Patio, den Vögelein von hinterm Haus, möchte die Düfte des Bewuchses um sich wehen haben und sanftmütig ins Nickerchen hinüberbegleitet werden.
Und natürlich ist es gut zu wissen, dass, wenn einem das alles auf den Senkel geht, man einfach nur die Fenster wieder öffnen muss.