Laut Erhebungen schaute diesmal neben dem Prekariat auch jeder vierte Akademiker Dschungelcamp. Die Feuilletons sind hin und weg. Die Sendung ist angekommen in der Mitte der Gesellschaft, die Hemmschwellen und Verkrampfungen sind überwunden.
Alle sind froh, dass Peer K. Dschungelkönig geworden ist. Ich im tiefsten Inneren natürlich auch. Der Mann war kreativ, sensibel, sentimental, spontan, naiv, lieb, etwas rückhaltlos, Heulsuse, dennoch maskulin. Er hatte Außenseitertendenzen und war verwirrt angesichts des Intrigengeflechts der anderen. Und er sprach ungeniert mit seinem Plüschaffen, manchmal sehr viel ausführlicher als mit seinen menschlichen Kameraden. Nun gut, manchmal hatte man schon die Befürchtung, er könne in Richtung „Herr der Fliegen“ abdriften, aber er fing sich stets und kompensierte durch das Erzeugen von Seifenblasen. Er stand im Kontrast zu den eiskalt kalkulierenden und chargierenden Schönlingen, männlichen wie weiblichen, und den notorischen Opportunisten, die sich immer auf die Seite der vermeintlich Starken schlagen. Bis das Publikum dieses Arschloch-Verhalten erkannte und die entsprechenden Personen abstrafte. Oder, anders gesagt, bis RTL wollte, dass das Publikum dieses Arschloch-Verhalten erkannte, und den Schnitt entsprechend steuerte.
In den früheren Staffeln wurden die Illusionen von Bodenständigkeit, Inszenierungsfreude, Durchhaltewille oder purer, freakiger Quiekigkeit belohnt. Mit dem Sieg des lieben Peer kommt nun eine neue Qualität mit ins Spiel. Es ist beinahe so, als wollte RTL uns Hoffnung schenken. Wenn ein freundlicher Weichling mit Plüschaffe jenes Format als Gewinner verlässt, das seit jeher den eklen sozialdarwinistischen Kern des Neoliberalismus besonders realsatirisch herausarbeitete, dann tröstet das uns alle. Großes Drama, entzückende Parabel, moralische Morgenröte. Bitte bald die nächste Staffel. Mit mindestens einem Politiker der Linken, einem ehemaligen Afrika-Korrespondenten mit Alkoholproblem und einem paranoiden Wikileaks-Aktivisten.