Sonntag, 6. April 2008

Fauler Zauber

Eigentlich schaue ich mir keine amerikanischen Mystery-Serien mehr an. Sie gehen mir auf den Senkel. Wir schauten nichtsdestotrotz bei Das verschwundene Zimmer vorbei und blieben dann bis zum Schluss. Und ich bekam ein weiteres Argument geliefert, warum ich keine amerikanischen Mystery-Serien mag: alles fauler Zauber.
1961 verschwindet ein Motelzimmer mit 100 Gegenständen darin, diese tauchen wieder auf und besitzen plötzlich „magische“ Fähigkeiten. Die Macht der Dinge, und wir sind plötzlich irgendwo zwischen „Madame Moribundis Kuriositätenkabinett“, einem Bühnenauftritt des "Großen Rinaldini" und einer Computerspiel-Mission gelandet. Seit 61 bekriegen sich mehrere Organisationen und Einzelgänger, um in den Besitz möglichst vieler dieser mächtigen Objekte zu kommen. Ein Polizist, der an den Zimmerschlüssel gerät (mit dem er durch jede Tür der Welt eben dieses Zimmer betreten und von dort aus jeden Ort der Welt nur durch Vorstellungskraft erreichen kann), wird in den ganzen Zirkus verwickelt, als seine Tochter im Zimmer verschollen geht. Nun muss er problematische Bündnisse mit mehr oder weniger Bekloppten schließen, um das Mädchen in dem offenbar multidimensionalen Gewirr wiederzufinden.
Verspielte Grundidee zwischen Magie und höherer Physik, die jedoch aufgrund ihrer Anlage haarscharf an völliger Beliebigkeit vorbeischrammt. Dennoch genug, um einen wach zu halten. Man hätte es jedoch ahnen können: Der Schluss weigert sich, erschlossen zu werden. Offenbar ist die Sache auf Fortsetzung angelegt, so dass die unmittelbare Handlung zwar zu einem Endpunkt gelangt, der ist jedoch reichlich kryptisch, und jedwede Erklärung des zugrunde liegenden Geschehens von 1961 bleibt auch aus. Fauler Zauber.
Die Grundidee hätte einer anderen Ästhetik bedurft, um einem wirklich ein Gefühl zu vermitteln, worum es geht. Das jedoch hätte das Publikum zu sehr an den Eiern gepackt. Wer das hier mit David Lynch vergleicht, hat dessen Strukturen, Drehbücher und Bildsprache nicht begriffen. Bei Lynch (und anderen seines Schlags) ist von Anfang an klar, dass man auf wackeliges Terrain geführt wird und Auflösungen entweder nicht stattfinden oder anders als sonstwo ausfallen. Das verschwundene Zimmer verkörpert natürlich dieses Sonstwo, indem es sich einer braven, billigen, reizlosen US-TV-Ästhetik bedient und wackeren US-Fernsehschauspielern. Der Plot verläuft trotz seiner naturgegebenen Sprunghaftigkeit und der dramaturgischen Strangulation einer Heerschar von Nebenfiguren streng linear und analytisch. Das Problem ist eben, dass eine Story, die derart kriminalistisch-analytisch aufgebaut ist, alle paar Minuten neue Enthüllungen auftischt und auf einen Höhepunkt zusteuert, diesen dann auch liefern müsste, statt das eigene wirre Garn verheddert liegen zu lassen.
Der Fluch der Fortsetzung: Es gibt noch Erklärungsbedarf? Schauen Sie sich an, wie’s weitergeht, und beachten Sie bitte die Kaufempfehlungen unserer Werbepartner! Anders ausgedrückt: Ätsch, Sie haben gerade fünf Stunden Lebenszeit verschwendet, weil wir Sie drangekriegt haben. Mann, sind wir clever! Ach ja, der Sender hat uns die geplante Fortsetzung übrigens gestrichen. Können wir schließlich nichts für, werfen Sie uns also nicht vor, wir hätten die Moral von Hütchenspielern.

Danach haben wir noch Der Duft der Frauen geguckt. Nach diesen ganzen Seriendarstellern ist Al Pacino als blinder Tangotänzer eine gottgleiche Offenbarung, aber hat schon mal jemand festgestellt, dass der heilige Philip Seymour Hoffman in jungen Jahren eine echte Overacting-Knallcharge war?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen