Freitag, 2. Juli 2010

Lichtenstein, Marietta und wir

Gestern Abend mit Gattin und Frau K. auf der Eröffnung von Roy Lichtenstein – Kunst als Motiv gewesen. Museum Ludwig. Event. Mächtig beworben „in ganz Westeuropa“ (O-Ton Oberbürgermeister), was ich persönlich spontan für eine Benachteiligung Osteuropas halte. Die Gemahlin scheint jeden Zweiten hier persönlich zu kennen. Ich bin mal wieder beeindruckt. Sie berichtet auch, dass in der Ausstellung so viel hochpreisige Kunst anwesend ist, dass die Bilder einzeln in Flugzeugen aus Amerika rüberkommen müssen, weil die Welt im Fall eines Absturzes eventuell den Verlust eines Bildes hinnehmen könnte, keinesfalls aber die Zerstörung derer zwei oder, Gott bewahre, drei.
Aber erst mal eine Stunde lang den obligatorischen Reden zuhören, die man nicht versteht, weil Museumsdirektoren und Kunstmenschen grundsätzlich in Mikrofone nuscheln. Dann hinab in die Ausstellung. Das Thema sagt mir diesmal spontan nicht so enorm zu: Zitate älterer Kunst durch die Pop Art bzw. Lichtenstein. Ich war vermutlich nur zu schlecht vorbereitet. Man flaniert halt so durch, nickt kundig, schaut sich nebenher die Leute an und betreibt Celebrity Watching. Denn auf solchen Eröffnungen hängt nicht nur hochpreisige Kunst herum, sondern auch prominentes Volk oder auch einfach nur merkwürdiges Volk. Emil Steinberger mit Gemahlin war da, Jürgen Becker auch, und allen Ernstes Marietta Slomka in betont sommerlichem Tarnzivil. Sie ist kleiner, als man denken mag, und hübscher auch, wenn ich mir diese freche Bemerkung mal erlauben darf. Die Gemahlin an meiner Seite sagte für meinen Geschmack etwas zu laut: „Hol dir ein Autogramm, du bist doch schon immer spitz auf die gewesen!“ Ich sagte, ich hätte ja gar nichts zu schreiben dabei, und wenn ich mir Frau Slomkas entzückendes Sommerkleidchen so anschaute, dann hätte sie darunter bestimmt auch nichts zu schreiben. In Wirklichkeit war ich nur zu schüchtern.
Gesehen und ausgiebig bewundert wurden auch das dicke Kind von Saborowskis aus Köln-Sülz, einige sexuell desorientierte Künstlermusen in, ähm, Renaissance-Hasenkostümen (ist natürlich Absicht, das mit der Desorientierung), ziemlich viele voluminöse, pyramidal strukturierte Menschen in weiten Pluder-Outfits, auch eine Menge hagere Menschen, die besser durch die Hitze kommen, Heerscharen von schnieken Homosexuellen und hippen Hühnern mit Kunstsinnigen-Brillen, die Frau mit dem entschieden zu langen Hals sowie der Mann, den sie Nase nannten. Es gibt in der Kunstszene erstaunlich viele Menschen mit langen Nasen, aber keine ist so lang wie die von dem Mann, den sie Nase nannten. Rüttgers war nicht da, aber sein Zwillingsbruder. Er hatte schon vor Ausstellungseröffnung drei Gläser Sekt weg.
Gattin und Frau K. gaben sich später noch die kabarettistische Show von Jürgen Becker und Martin Stankowski im 1.OG, ich verkrümelte mich gesättigt durch die russische Avantgarde nach Hause.