Samstag, 19. Oktober 2013

Closer Than Skin

Im Internet bieten Leute diese CD aus dem Jahr 2005 für fast 100 Euro an, kauft man sie hingegen direkt bei David Cross, kostet sie nur Neunpfundneunundneunzig und man bekommt noch eine nette Widmung vom Musikprofessor selbst. So viele von den Platten verkauft er nicht, dass er nicht die Zeit für ein persönliches Wort hätte. 
Das Cover ist allerdings auch nicht dazu angetan, dass man ihm den Tonträger aus den Händen reißen würde. Die Platte sieht von außen eher aus wie die Debüt-CD eines Amateur-Entertainers für Hochzeiten oder 50. Geburtstage. Drinnen aber herrscht nichts als Entzücken und Entsetzen für Connaisseure. 
Closer Than Skin ist Cross’ bisher schwerstes, drängendstes Werk, ein düsterer Moloch, der schwere Basslinien, polternde Rhythmen, verdichtete Metal-Riffs, pathetisch-manischen Gesang und eine allgegenwärtige, völlig entfesselte Violine miteinander kollidieren lässt. Würde man das Album, ungeachtet seines Covers, im Laden unter „Heavy Metal“ einordnen, würde sich sicher kaum ein Metalhead beschweren. Ein echtes Konkurrenzprodukt zu den King-Crimson-Alben der Nullerjahre und zudem lebendiger, furioser und noch schwerer einzuordnen. Von der mitunter schwebenden Leichtigkeit und esoterisch-ethnographischen Farbgestaltung der früheren Alben ist kaum noch etwas übrig. Stattdessen schwere, düstere Power, völlig gegen den Strich gebürstete Songs – diesmal allesamt mit Text und Gesang –, die schon mal einschmeichelnd sein können, sich aber im nächsten Moment in bissige Biester verwandeln, voller Kerben und Narben und Sollbruchstellen in der geschuppten Haut. Ein unverschämt reichhaltiges, barockes Fusionsuniversum, das Konzentration verlangt und Hörnerven mit Hornhaut. Die Drums sind träger, technischer und metallischer als die Jazzrock-Spielarten der früheren Platten, die Basslinien ungeheuer schnell und souverän, die Gitarre ist diesmal hauptsächlich eine Waffe, und Cross’ Geige gibt sich schon mal bildungsbürgerlich und zitiert klassische Musik, aber meistens operiert sie jenseits des Schönen-Wahren-Guten im kreischenden Alptraumland. 
Ein tolles Album.