Donnerstag, 11. Februar 2010

Outside The Gate

Ein Problemalbum, das 1988 kaum jemanden interessierte und das in den Musikgazetten bestenfalls unter „ferner liefen“ besprochen wurde. Und das nicht sehr positiv. Outside The Gate geriet zum reinen Pop-Album. Die Band existierte da im Grunde schon nicht mehr, und die Platte war gedacht als Solo-Ambition Jaz Colemans (mit Unterstützung von Gitarrist Geordie Walker), aber die Plattenfirma machte daraus kurzerhand ein Killing Joke-Album. Hauptsächlich deshalb, weil die Produktionskosten das Budget weit überschritten hatten und eine Publikation unter dem legendären Bandnamen profitabler erschien. Schlimmer noch: Während dieser Aufnahmen wurde Drummer Paul Ferguson, einer der Bandgründer und ein echter Wonneproppen am Schlagwerk, herausgekegelt. Unverzeihlich. 2008 dann, über dem Grab von Bassist Paul Raven, versöhnte er sich mit Coleman und ist seitdem wieder Teil der Crew.
Die Kritiker sahen jedenfalls 1988 ihre Voraussagen, die schon einige Jahre alt waren, bestätigt: KJ hatten sich endgültig in Beliebigkeit aufgelöst. Coleman und Walker hatten den Pop von Brighter Than … inzwischen komplett verinnerlicht, die letzten verbliebenen Sound-Scharten weggewetzt und sich dem Pop-Elysium hingegeben. Keyboards und noch mal Keyboards, unterstützt von einer disziplinierten Allerweltsgitarre, einem hochästhetischen Gesang und einer Melodiefreundlichkeit wie nie zuvor. Die Rekonstruktion der Dekonstruktion.
Der Rap auf „Stay One Jump Ahead“ ist zugegebenermaßen misslungen, aber ansonsten gefallen mir weite Teile des Albums bis heute. Es ist eben einfach nur anders, bevorzugt das Arrangement gegenüber dem Groove, gefällt sich in orchestralen Gesten, gebärdet sich „global“, als noch keiner das Wort benutzte, und macht hier und da hübsch auf Ethno, hauptsächlich australisch, arabisch und indiomäßig. „America“ ist gleißender Poprock und hätte das Kunststück vollbringen können, ironisch-entspannten Anti-Amerikanismus relativ hoch in den Charts des Jahres 1988 zu platzieren. Na ja, das Kunststück gelang nicht. Andernorts feiert Coleman erneut die Landschaft, diesmal die seines Heimatlandes: Der Titel „My Love Of This Land“ ist ernst gemeint. Ein bisschen Global-Pop hier, ein Psycho-Epos da, und mittendrin, halbwegs unauffällig, mein schillernder kleiner Lieblings-Song dieser Platte, „Tiahuanaco“ – wieder eines dieser Coleman’schen Erweckungserlebnisse, diesmal in melchanolischem Pop-Outfit. Sein Gesang war nie schöner als hier. Dementsprechend findet man auch heute noch einige Hörer, die der Meinung sind, die Band hätte genau so weitermachen sollen. So verdammt widersprüchlich kann Rezeption sein.