Freitag, 19. Februar 2010

Sonic Attack


Habe viel Zeit verbracht damals im Musikhaus Reisser. Als es da allen Ernstes noch Rock-Platten gab und nicht nur Klassik. Habe einiges an Schätzen weggetragen, u. a. auch diese Platte. 
Sie wurde soeben neu aufgelegt bei Cherry Red Records als Doppel-CD mit einem Haufen Bonusmaterial. Das umstrittene Album von 1981. Die Band ist zum Quartett geschrumpft, auf einen Keyboarder wird verzichtet, die Effektmaschinen übernehmen Gitarrist und Bassist. Am Schlagzeug wurde der inspirierte, aber wirre Ginger Baker ersetzt durch den grundsoliden Martin Griffin, der bereits 1978 bei den Hawklords trommelte. Die Dinge verzögerten sich danach etwas, als Griffin mit Röteln flachlag. 
Sonic Attack erscheint vielen zu blank produziert und zu gesichtslos im Kontext seiner Heavy-Metal-Epoche, aber ich fürchte, genau das war der Gedanke dahinter. Die Hawks waren nun bei RCA und damit pro forma endgültig ein Major-Act, den die Firma gegen Iron Maiden, Judas Priest, Saxon etc. in Stellung bringen wollte: Die Hawks waren „Monsters of Rock“. Das Cover zeigt es schon ziemlich deutlich, genauso wie der scharfkantige, blitzige Früh-80er-Schriftzug der Band: Es wird metallisch. 
Angesichts dieser Anforderungen ist es schon erstaunlich, wie individualistisch Sonic Attack letztlich doch geriet. Hochtechnisierter Dystopie-Metal mit starker Moorcock-Teilhabe und viel Lead Guitar, frei von übermäßiger Kraftmeierei oder gar eierabquetschendem Pathos, zwischen Rock-Drive und technokratischer Studiokulisse angesiedelt, voll von eben erst abgestaubten, blitzenden SF-Requisiten. Thematisch haben wir es zu tun mit Früh-80er-Protesten, mit der Warnung vorm Überwachungsstaat, der politischen und medialen Manipulationsmaschinerie sowie dem Missbrauch von Sprache. Wir befinden uns am Beginn der Thatcher-Ära, und die Hawks verstanden sich durchaus als eine politische Band. Einige der Songs geraten banal und werden lediglich durch das Effektgewitter aufgemotzt. Dafür sind Sachen wie „Rocky Paths“ oder „Psychosonia“ (und auch der Übergang zwischen beiden) erste Sahne. Genauso wie der ewige Favorit „Angels of Death“, ohne den kein Hawks-Fan leben könnte. 
Moorcocks konkreter musikalischer Anteil, der Gesang auf „Coded Languages“, bleibt Episode. Ich mochte den Song nie wirklich, aber er lohnt eine Wiederentdeckung. Eine völlig eigenartige Hybridform, die Hardrock/Metal mit Wave zu verbinden scheint, während der Herr Genius seinen rant hardrockig herausdrückt: Their words are weapons of their will, their words can hurt, their words can kill. 
Auch die Bonustracks mit ihrem abgespeckten Demo-Charakter belegen, dass hier Strömungen der Epoche nahezu experimentell nebeneinander existieren durften, ehe sie auf dem eigentlichen Album zusammengeschüttet wurden. Pop, Metal, Melodic, Psycho, Wave, Post-Punk. 
Eigenartiger Bastard von Platte. New Wave of British Heavy Metal, aber doch mal wieder völlig anders als der Rest.

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