Montag, 30. Mai 2011

Flugausstellung

Ein Platz für Väter mit Söhnen. Gemahlinnen und Töchtern hingegen wird einiges an Tapferkeit abverlangt am Wallfahrtsort für den Flugzeug-Enthusiasten: Flugausstellung Hermeskeil. Eine der größten in Deutschland, vielleicht in Europa. Eröffnet 1973, seitdem stetig gewachsen. Der Familienbetrieb widmet sich allen Aspekten der motorisierten Fliegerei und sammelt weltweit ausgemusterte Flugzeuge zusammen, zivile wie militärische. Rotor-, Propeller- und Strahlantrieb. Derzeit über 100 Flugzeuge. Es gibt auch 1:1-Repliken der ganz alten Gebilde von Lilienthal, den Wrights, Bleriot. Haufenweise Turbinen und Motoren zum Betrachten. Schleudersitze, Piloten-Equipment, Cockpit-Ausstattungen. Drei hangargroße Hallen und beträchtliches Außengelände. Fotografieren und Antatschen erlaubt. Bei vielen Maschinen ist der Blick ins Cockpit möglich, begehbar sind auch welche. Das Museumscafe befindet sich traditionell in einer Concorde. Kaffee und Kuchen mit der Illusion, reiche Schnösel zu sein. Einschlafen lohnt nicht, Schatz, wir sind gleich in New York. Historisch wichtigstes Ausstellungsstück: die original Super Constellation, mit der Adenauer 1955 nach Moskau flog, wo er u.a. die Kriegsgefangenen freiverhandelte. Alles in gutem bis hervorragendem Zustand. Dies ist ausdrücklich kein Anlaufpunkt für irgendwelche Militaria-Freaks, verhinderte Kriegshelden oder Bewunderer der "glorreichen" deutschen Luftüberlegenheits-Vergangenheit, wohl aber für Freunde des gutgelaunten, pfeilschnellen Kampfjets in all seinen Ausprägungen. Von denen stehen hier nämlich mengenweise herum. Und sie sind wirklich GROSS. Unzählige MiGs und SUs und TUs sind seit dem Fall der Mauer zusätzlich zu den westlichen Maschinen auf den Parcours gehievt worden. Ich persönlich finde besonders solche westlichen Maschinen entzückend, die man selten sieht und die man hier bis zum Zustand der totalen Glückseligkeit aus allen Winkeln betrachten und tätscheln kann: Sepecat Jaguar, Saab Viggen und, als völlig unerwartete Neuanschaffung, eine Saab Draken. Eine Hawker Harrier, eine ganze Latte Phantoms und Starfighter und Mirages. Eine Super Mystere, eine von der Decke hängende, riesenhafte Super Sabre, eine echte Delta Dagger, eine prächtige BAC Lightning (Foto), mehrere Hawker Hunter und und und. Ein hyperventilierender Reitersmann. (Die Gemahlin macht sich Sorgen und ruft übers Areal: "Ist ein Arzt anwesend?")
Die zivile Seite ist ebenso spaßig. Eine Ju-52 darf nicht fehlen. Allerlei DeHavillands, riesige Illjuschins. Obszön gerät der russische MIL-Transporthubschrauber, den man aus 100 Metern Entfernung fotografieren muss, um ihn ganz in die Kamera zu bekommen. Treibstoffverbrauch beim Überführungsflug aus dem Ural bis hierher: 90.000 Liter.
Dieser Ort ist toll.
Danach noch zum zehn Autominuten entfernten, nicht ganz so tollen Ort: das KZ (SS-Sonderlager) Hinzert-Pölert, dessen traditionelles Mahnmal 2005 um ein hochmodernes Dokumentationszentrum mitten auf der Wiese erweitert wurde. Damals war selbst das landschaftliche Idyll Horror. Gute Idee: das Panoramafenster, das eine Nachbildung des längst verschwundenen Arbeitslagers wieder in die Landschaft zu pflanzen scheint.
Des Abends lecker Fresschen im Dorflokal, anschließend auf den Spielplatzschaukeln dem Sonnenuntergang ins Antlitz blicken. Geschlafen wie ein Fels.

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